„Anhaltende Liefer- und Materialengpässe, hohe Energie- und Rohstoffpreise, die vierte Corona-Welle und zunehmende Unsicherheiten aufgrund der Omikron-Variante haben den konjunkturellen Aufholprozess, der Mitte des vergangenen Jahres eingesetzt hatte, über die Wintermonate ausgebremst und bescheren unseren Unternehmen im Wirtschaftsraum Coburg einen holprigen Jahresstart“, kommentiert Präsident Dr. Andreas Engel die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der IHK zu Coburg zum Jahresanfang 2022.

Dr. Andreas Engel
Foto: Industrie- und Handelskammer zu Coburg

Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der als Stimmungswert sowohl die aktuelle Geschäftslageder Unternehmen als auch ihre Geschäftserwartungen abbildet, fällt um 20 Punkte auf jetzt 107 und liegt damit wieder unter dem langjährigen Durchschnitt von 114. 

Aktuelle Geschäftslage:

Die geschäftliche Lage der heimischen Wirtschaft bleibt in Industrie, Dienstleistung und Großhandel, trotz des schwierigen Umfelds stabil. Deutlich schwieriger stellt sich die Lage des stationären Einzelhandels und des Gastgewerbes dar, die erneut von Corona-Zugangsbeschränkungen stark getroffen wurden.

Über alle Branchen bezeichnen aktuell 36 Prozent der befragten Betriebe ihre Geschäftslage als gut, 29 Prozent beurteilen ihre Situation als schlecht. Der Saldo aus guten und schlechten Lagebewertungen bleibt mit +7 Punkten zwar im positiven Bereich, verliert aber gegenüber der Vorumfrage 29 Punkte.  

Erwartungen:

27 Prozent der Befragten gehen in den kommenden Monaten von geschäftlicher Aufhellung aus, zugleich rechnen aber 19 Prozent der Betriebe mit Geschäftseintrübung. Für Unsicherheit bei den Unternehmern sorgen die Omikron-Welle mit dem Risiko, dass viele Beschäftigte in Quarantäne geschickt werden, Lieferengpässe, steigende Kosten für Rohstoffe und Energie sowie zunehmender Fachkräftemangel.

„Die Pandemie ist noch nicht vorüber und gleichzeitig stellen Energiepreise, Lieferengpässe und steigende Rohstoffpreise unsere Unternehmen vor neue Herausforderungen.  Zusätzlich erfordern Digitalisierung und die Transformation der Mobilität und der Energieversorgung hohe Investitionen“, beschreibt IHK-Präsident Dr. Engel die Situation.

„Die Bundesregierung muss in diesem Jahr alles daransetzen, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland zu sichern. Dazu gehören u.a. substanzielle Entlastungen der Unternehmen bei Steuern und Bürokratie, eine Reduzierung der staatlichen Strompreisbestandteile sowie die Beschleunigung des Netzausbaus. Zugleich gilt es, die Unternehmen bei Gewinnung qualifizierter Fachkräfte intensiver zu unterstützen. Ein Aspekt hierbei sind unbürokratische Abläufe für die gezielte Zuwanderung von Fachkräften sowie dafür verlässliche Rahmenbedingungen“, erklärt IHK-Präsident Dr. Engel abschließend.

Die Branchen im Einzelnen

Industrie gesamt

Aktuelle Lage: Die Lagebeurteilungen der Coburger Industriebetriebe haben sich im Vergleich zur Vorumfrage trotz eines ansehnlichen Auftragspolsters bzw. -zuwachses insbesondere aus dem Ausland per Saldo leicht eingetrübt. Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten sowie stark steigende Energiepreise drücken das Geschäft. 78 Prozent der Befragten berichten von starken Preissteigerungen bei Rohstoffen und Waren und 58 Prozent von „erheblicher Beeinträchtigung“ bei Produktion und Absatz.

Für zusätzliche Belastungen sorgen zudem Logistikprobleme und hohe Frachtkosten.

Aktuell bezeichnen 38 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut (-6 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorumfrage), 47 Prozent sehen sie als befriedigend an. 16 Prozent der Produktionsunternehmen sind mit ihrer geschäftlichen Situation derzeit unzufrieden.

Erwartungen: Auch auf die kommenden Monate blicken die befragten Betriebe etwas verhaltener; die Mehrheit geht von einer Seitwärtsbewegung aus.

56 Prozent rechnen mit einer Verbesserung der Versorgungslage erst im zweiten Halbjahr 2022 bzw. im Jahr 2023. Zudem schätzen 91 Prozent der produzierenden Betriebe die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise als ein erhebliches Risiko für ihr Geschäft ein (+15 Prozentpunkte im Vgl. zur Vorumfrage) – der höchste Wert seit der IHK-Konjunkturauswertung.

Die starken Preissteigerungen beim Material führen zu neuen Kalkulationen und werden von 90 Prozent der Betriebe an die Kunden weitergegeben.

Industrie im Einzelnen:

Maschinenbau

Aktuelle Lage: Coburgs Maschinenbauer berichten aktuell von Bestellzuwächsen aus dem In- und Ausland, insbesondere aus China. Alle befragten Unternehmen bewerten ihre Kapazitätsauslastung als „befriedigend“ bzw. „voll“. Der positive Trend bei den Auftragseingängen wird aber weiterhin „erheblich“ beeinträchtigt durch Material- und Rohstoffknappheit, 71 Prozent der Betriebe berichten hiervon, sowie durch coronabedingte Reiseeinschränkungen, insbesondere für Servicepersonal und Kunden.

Erwartungen: Trotz fortbestehender Hindernisse bei Vorprodukten und steigenden Energiepreisen erhofft sich die Mehrheit unserer exportstarken Maschinenbauer für die kommenden Monatepositive Akzente für ihre Geschäftstätigkeit.

Automobilzulieferer und Vorleistungsgüterindustrie

Aktuelle Lage: Die Geschäftslage bei den heimischen Automobilzulieferern und Vorleistungsgüterproduzenten hat sich stabilisiert. 47 Prozent (+2 Prozentpunkte gegenüber Vorumfrage) bewerten ihre aktuelle Lage als „gut“, 13 Prozent sind unzufrieden (-2 Prozentpunkte gegenüber der Vorumfrage). Zwar leiden die Autobauer nach wie vor unter dem Halbleiter-Mangel, weshalb sie trotz starker Nachfrage weniger Fahrzeuge produzieren konnten als eigentlich möglich, allerdings sind erste Anzeichen der Entspannung erkennbar. So berichtet ein Drittel der heimischen Betriebe von gestiegenen Kundenorders aus dem Inland und 42 Prozent aus dem Ausland, insbesondere aus Nordamerika.

Erwartungen: Für die kommenden Monate bleibt die Mehrheit der regionalen Branchenvertreter vorsichtig optimistisch und setzt auf Grund der gefüllten Auftragsbücher auf ein dynamischeres Wachstum, sobald die aktuellen Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten überwunden sind. Darüber hinaus soll sich die Investitionsbereitschaft in den Betrieben erhöhen. Hier rücken Ersatzbeschaffungen und der Umweltschutz weiter in den Fokus.

(Polster-)Möbelindustrie

Aktuelle Lage: Die aktuelle Geschäftslageder heimischen Verbrauchsgüterproduzenten hat sich im Vergleich zur Vorumfrage im Herbst 2021 wieder eingetrübt. Zwar ist in diesen volatilen, herausfordernden Zeiten weiterhin kein Unternehmen mit seiner aktuellen Lage unzufrieden, allerdings haben sich die „gut“-Einschätzungen von 71 Prozent in der Vorumfrage auf aktuell 38 Prozent nahezu halbiert. Neben den zum Umfragezeitpunkt bestehenden 2G-Corona-Beschränkungen bei Handelsflächen existieren nach wie vor Herausforderungen bei der Materialbeschaffung und der damit verbundenen Preisentwicklung, aber auch Nachwuchs- und Fachkräftesorgen plagen die Branche.

Erwartungen: Mehrheitlich erwarten die „Möbler“ in den kommenden Monaten eine gleichbleibende Geschäftsentwicklung, Optimisten und Pessimisten halten sich die Waage. Einerseits gibt es u.a. Unsicherheiten hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Pandemie, andererseits bleibt das eigene Zuhause ein wichtiger Rückzugsraum in unsicheren Zeiten und das Thema Wohnen und Einrichten bei den Verbrauchern in den nächsten Monaten im Fokus.

Dienstleistung

Versicherungs- und Finanzgewerbe

Aktuelle Lage: Weiterhin zufrieden mit der aktuellen Situation zeigt sich das regional starke Versicherungs- und Finanzgewerbe. Die Branche kommt auch weiterhin mit soliden Ergebnissen durch die Pandemie. Die Unternehmen berichten von voller bzw. befriedigender Auslastung in den vergangenen sechs Monaten. 86 Prozent der Branchenvertreter bezeichnen ihre aktuelle Geschäftslage als „gut“, kein Unternehmen ist „unzufrieden“.

Erwartungen: Auf die kommenden Monate blicken die Branchenvertreter vorsichtig optimistisch. 14 Prozent rechnen mit einer weiteren Verbesserung der Geschäftslage. Unsicherheiten werden in der wirtschaftlichen Entwicklung der privaten Haushalte und in den politischen Rahmenbedingungen gesehen, die sich ich in der neuen Legislaturperiode ergeben.

Unternehmensnahes Dienstleistungsgewerbe

Aktuelle Lage: Die Stimmung unter Coburgs unternehmensnahen Dienstleistern bleibt auch zu Jahresanfang äußerst zufriedenstellend. Die Unternehmen profitieren von einer stabileren wirtschaftlichen Gesamtlage. Derzeit bewerten 50 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut, ebenso viele sehen sie als befriedigend an. Die Branchenvertreter berichten von stabilen Umsätzen und mehrheitlich voller Auslastung.

Erwartungen: Auch die geschäftlichen Erwartungen an das neue Jahr sind von Optimismus geprägt. So rechnen 38 Prozent der Branchenvertreter mit einer geschäftlichen Aufhellung und 50 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Entwicklung aus.

Handel

Einzelhandel

Aktuelle Lage: Der stationäre Einzelhandel hatte zum Jahresende 2021 erneut unter den behördlich angeordneten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zu leiden. So fiel denn auch das wichtige Weihnachtsgeschäft eher durchwachsen aus. Viele Kunden ließen sich durch stetig und meist ausgesprochen kurzfristig geänderte Regularien verunsichern und hielten sich beim Einkaufsbummel zurück. Zeitweise war der Zutritt zu vielen Geschäften auf Geimpfte und Genesene beschränkt. Folglich beurteilen die Händler ihre geschäftliche Lage aktuell wieder schlechter als noch im Herbst – per Saldo -27 Punkte.

Derzeit bezeichnet mehr als ein Drittel der Einzelhändler die geschäftliche Situation als gut, 43 Prozent empfinden sie zumindest als befriedigend. Jeder fünfte Einzelhändler berichtet hingegen von schlecht laufenden Geschäften. Zudem kämpft auch der Handel mit Lieferschwierigkeiten, weshalb er die Wünsche seiner Kunden bisweilen nur mit längeren Wartezeiten und in Einzelfällen überhaupt nicht erfüllen kann.

Erwartungen: Der Ausblick der Händler auf die Geschäfte in den kommenden Monaten ist daher von Zurückhaltung geprägt. Die Relationen zwischen positiven und negativen Geschäftserwartungen haben sich gegenüber der vorherigen Umfrage deutlich verändert und sind per Saldo mit -7 Punkten wieder im Negativbereich.

Großhandel

Aktuelle Lage: Von weiterhin gut laufenden Geschäften berichten Coburgs Grossisten. Momentan freuen sich 43 Prozent der Großhandelsunternehmen über gute Geschäfte,
57 Prozent halten sie immerhin für befriedigend. Vielen Großhändlern ist es gelungen,
ihre Umsätze im Vergleich zum Vorquartal zu steigern. Mehr noch als für den konsumnahen Großhandel gilt dies für den produktionsbezogenen Großhandel, der vom guten Auftragsbestand seiner Industriekunden profitiert. Dennoch leidet auch der Großhandel unter den Lieferengpässen der Hersteller und starken Preissteigerungen. Die Hälfte der befragten Grossisten berichtet von längeren Wartezeiten auf bestellte Ware.

Erwartungen: In den Ausblick der Branche auf die kommenden Monate mischt sich nun wieder mehr Zuversicht. 43 Prozent der befragten Grossisten rechnen mit besseren Geschäften. Nur eine Minderheit von 14 Prozent bewertet die eigenen Aussichten als schlecht.

Tourismus, Hotels und Gaststätten

Aktuelle Lage: Coburgs Hotel- und Gastgewerbe steckt wieder in der Krise und meldet massive Umsatzverluste in der für die Branche besonders wichtigen Zeit des Jahreswechsels mit dem (Vor-)Weihnachts- und Silvestergeschäft. Verantwortlich dafür sind die seit Wochen geltenden 2G-Zugangsregelungen, Kontaktbeschränkungen, Veranstaltungsverbote, Sperrzeitregelungen sowie Schließungen von Clubs und Discotheken. Dementsprechend kann es nicht verwundern, dass 84 Prozent der Befragten ihre Geschäftslage als schlecht beurteilen. Im Vergleich zur Vorumfrage im Herbst ist der Saldo um 117 Punkte auf nun -80 Punkte gesunken. Vielfach sind Liquiditätsreserven mittlerweile aufgebraucht.

Erwartung: Für die kommenden Monate erwarten die Branchenvertreter eine Seitwärtsbewegung der Geschäftsentwicklung. Die Sorge vor der Omikron-Welle mit weitergehenden Restriktionen ist in dieser Branche weiterhin präsent.