Im heutigen Rechtstipp beantwortet Frau Rechtsanwältin Schneider-Hölzlein Fragen aus der Praxis.

Wann kann ich die Scheidung einreichen?
Viele bezeichnen mit „Scheidung einreichen“ den ersten Gang zum Anwalt. Dies ist sicher kurz vor oder nach der Trennung sinnvoll, um sich über die rechtlichen Gegebenheiten beraten zu lassen. Bei Gericht kann die Scheidung aber erst eingereicht werden, wenn das Trennungsjahr abgelaufen ist. Ausnahmen gibt es nur in ganz seltenen Härtefällen.

Kann ich den Scheidungsantrag selbst stellen?
Nein, der Scheidungsantrag ist nur wirksam, wenn er von einem Anwalt bei Gericht eingereicht wird. Für die Scheidung benötigt jedoch nur der Antragsteller zwingend einen Anwalt. Der andere Ehepartner braucht dann keinen Anwalt, wenn er keine eigenen Anträge bei Gericht stellen will, also mit allem einverstanden ist.

Geht Scheidung auch online?
Nein, die Scheidung kann nur von einem Gericht ausgesprochen werden. Hierzu ist immer eine Gerichtsverhandlung erforderlich, zu der beide Ehegatten in der Regel persönlich kommen müssen und angehört werden. Wenn „Online-Scheidung“ im Internet angeboten wird, findet die Kommunikation mit dem Anwalt per Email, Post oder Telefon statt. Oft klärt sich aber erst in der persönlichen Beratung, ob der Mandant beispielsweise Verfahrenskostenhilfe für die Anwalts- oder Gerichtskosten beantragen kann, oder ob und gegebenenfalls welche Regelungen im Hinblick auf Unterhalt, Vermögen, Kranken- und Rentenversicherung sinnvoll oder erforderlich sind. Dies ist wichtig, denn Anträge in Scheidungsfolgesachen müssen, mit Ausnahme von Kindschaftssachen, spätestens zwei Wochen vor dem Scheidungstermin bei Gericht eingegangen sein. Bei einer „Online-Scheidung“ treffen die Mandanten meist erst unmittelbar vor dem Gerichtstermin zum ersten Mal einen Anwalt persönlich. Nachdem die Kosten für das Scheidungsverfahren gesetzlich festgelegt sind, verdient der Anwalt der „Online-Scheidung“ die gleichen Gebühren, wie der Anwalt, der den Mandanten im persönlichen Gespräch umfassend berät.

Was ist ein Versorgungsausgleich?
Liegen zwischen Eheschließung und Zustellung des Scheidungsantrags durch das Gericht an den anderen Ehepartner mehr als drei Jahre, so entscheidet das Gericht zusammen mit der Scheidung zwingend über den Versorgungsausgleich. Hierbei werden in der Regel alle Rentenanwartschaften (gesetzlich, betrieblich, privat), die die Ehegatten zwischen Eheschließung und Zustellung des Scheidungsantrags erworben haben, geteilt. Dies kann zu erheblichen Verlusten oder Gewinnen bei der Altersvorsorge führen. Hier sind abweichende Vereinbarungen möglich, die entweder im Scheidungstermin oder aber zuvor vor einem Notar abgeschlossen werden können. Haben die Beteiligten eine wirksame Vereinbarung getroffen, wird das Gericht so entscheiden, wie die Beteiligten das vereinbart haben.

Monika Schneider-Hölzlein
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin