Dass alte Menschen nicht gebraucht werden, geht an der Realität vorbei – Altern heißt nicht Abbau

Bei dem griechischen Dichter Aesop heißt es: Ursprünglich wurden dem Menschen 30 Lebensjahre zugestanden. Dies genügte nicht und so nahmen die Götter dem Esel, dem Hund und dem Affen einige Jahre ab und gaben sie dem Menschen. Der Mensch hat nun die ersten 30 Jahre seines Lebens zu eigen, die nächsten 18 Jahre muss er sich plagen wie ein Esel. Zwischen dem 48. und dem 60. Lebensjahr liegt er dann in der Ecke, knurrend wie ein alter Hund, und wenn es hoch kommt, sind ihm noch weitere zehn Jahre beschieden, in denen er närrisch ist wie ein Affe. Viele Senioren, die in Rente gehen, sind dank der heutigen medizinischen Versorgung aber noch äußerst aktiv und fit. Der demografische Wandel in Deutschland stellt unsere Gesellschaft zunehmend vor große Herausforderungen. Das bedeutet, dass unsere Gesellschaft immer älter und damit die arbeitstätige Generation im Verhältnis zu denen, die Unterstützung brauchen, immer kleiner wird. Diese Entwicklung hat in der Vergangenheit unglaubliche Missstände bei der Versorgung älterer Menschen zur Folge. In jungen Gesellschaften, in denen ältere Menschen Seltenheitswert haben, werden diese besonders geehrt und geachtet. So kann man es aus der Geschichte entnehmen. In früheren Zeiten wurden gerade den Älteren richterliche, lehrende und heilende Funktionen zugeschrieben. Sie genossen als Ratgeber, als Übermittler der Traditionen, als Erfahrene eine ganz besondere Achtung. Dies gilt in unserer Zeit schon lange nicht mehr. Die Weitergabe von Wissen und Informationen wird heutzutage weitgehend durch moderne Technologien ersetzt. Das Alter in einer alternden Gesellschaft, wie der unseren, ist durch einen Rollenverlust gekennzeichnet. „Der alte Mensch wird nicht mehr gebraucht“ ist eine weit verbreitete Einstellung heute, die allerdings an der Realität vorbeigeht. Was würde unsere Gesellschaft ohne „die Alten“ machen? Es kommt darauf an, die Stärken des Alters zu erkennen und auch zu nutzen. Es gibt nicht zu viele Alte in Deutschland, sondern zu wenig Junge, stellte die Psychologin und ehemalige Bundesfamilienministerin Ursula Lehr in einer Abhandlung über das Altern in Deutschland fest. „Wir werden älter als Generationen vor uns, sind aber dabei auch gesünder und kompetenter als unsere Eltern und Großeltern im gleichen Alter – wenn sie dieses überhaupt erreicht hatten“, so Lehr und führt weiter aus, dass man heute länger zur Jugend zählt, aber wird früher den Senioren zugeordnet, wird früher „alt“ gemacht. Nach den Ergebnissen deutscher und internationaler Forschungen ist das negativ getönte Altersbild nicht zu rechtfertigen. Altern muss nicht Abbau und Verlust bedeuten, sondern kann in vielen Bereichen geradezu Gewinn sein, eine Zunahme von Kompetenzen und Potenzialen, und damit eine Chance – für den Einzelnen und die Gesellschaft. che