Interview mit Bernd Hubner, dem Werkleiter des Wasser- und Abwasserzweckverbandes im Landkreis Sonneberg

25 Jahre Wasserversorgungs- und Abwasserzweckverband Sonneberg und 25 Jahre Wasserwerke Sonneberg – Wie würden Sie deren Verlauf charakterisieren oder beschreiben?
BH: Am besten wird es wohl der Begriff „turbulent“ beschreiben und das war es ja in der Tat. Versetzen wir uns noch mal in die Gründungsphase des WAZ Sonneberg und der Wasserwerke Sonneberg im Jahr 1993. Der große Umbruch nach der Wende 1989/1990 war noch mitten im Gange. Viele Betriebe schlossen, die Arbeitslosigkeit wuchs, die Kommunen standen unter einem großen Handlungszwang. Alles musste erneuert werden. Straßen, Wege, Plätze, Gewerbegebiete mussten erschlossen werden. Es war unglaublich viel zu tun und dann sollten die damals noch über 30 selbständigen Kommunen die Aufgabe der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung übernehmen. Bis dahin haben ja die privatisierten WAB-Kombinate die Zuständigkeit der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung innegehabt. Es waren große Aufgaben zu bewältigen. Gerade die Wasserversorgung im Bereich der heutigen Gruppenwasserversorgung Sonneberg neu aufzubauen, war eine Riesenaufgabe. Während fast alle Südthüringer Regionen mit Fernwasser erschlossen waren, war dies im Landkreis Sonneberg nicht der Fall. Ab dem Jahre 1996 kam allmählich auch ans Licht, dass diese Investitionen und das ungestüme Handeln der ersten Jahre ihre Spuren hinterlassen haben. Die Verschuldung des Zweckverbandes war enorm, auch die Verlustvorträge, die sich angehäuft hatten und so musste eine Konsolidierungsphase eingeleitet werden. Sie war sehr schmerzhaft, zum einen für die Grundstückseigentümer durch die Erhebung von Beiträgen, zum anderen für die Kommunen, die über Umlage die Verluste ausgleichen mussten, aber auch natürlich für die Wasserwerke an sich, die einen großen Wandel durchführen mussten. Ab der Jahrtausendwende begann allmählich die Konsolidierung zu wirken. Das Fahrwasser wurde ruhiger und es wurde auch wieder kräftig investiert, insbesondere in Kläranlagen in den Jahren 2002 bis 2006. Zum Ende des ersten Jahrzehnts – 2009 – kam dann das Wasserwerk Lauscha mit dazu, eine Sache, die im Verband nicht ganz unumstritten gewesen ist. Hatte doch Lauscha vorher jede Zusammenarbeit abgelehnt.

Mit Beginn des aktuellen Jahrzehnts war die Konsolidierung weitestgehend abgeschlossen und seitdem verlaufen die Aktivitäten des Zweckverbandes und der Wasserwerke doch überwiegend ruhig und planmäßig. Also alles in allem eine sehr aufregende Anfangsphase, die bestimmt auch für die handelnden Personen sehr kräftezehrend gewesen ist. Aber inzwischen sind wir ein sehr stabiles Unternehmen bzw. Verband geworden.

Was wurde in dieser Zeit alles erneuert bzw. in was wurde investiert? Können Sie sagen, wie viele Meter Wasserleitung seitdem verlegt wurden?
BH: Puh – das ist eine sehr schwere Frage. Es wurde unglaublich viel investiert und erneuert. Es wurde im gesamten Verbandsgebiet eine neue Trinkwasserversorgungstruktur aufgebaut. Wie gesagt zuerst mit der Gruppenwasserversorgung Sonneberg und Föritztal mit der Erschließung von insgesamt 6 neuen Tiefbrunnen und dem Bau der Trinkwasseraufbereitungsanlage Rottmar für fast 35.000 Menschen. Dann die Gruppenwasserversorgung für die Region Schalkau/Effelder/Rauenstein und der Anschluss der Städte Steinach und Lauscha und der Ortschaften Haselbach, Hasenthal und Spechtsbrunn an die Trinkwasseraufbereitungsanlage Scheibe-Alsbach. Dann noch der Anschluss von Mengersgereuth-Hämmern an die TWA Hallgrund bzw. abwasserseitig an die Kläranlage Sonneberg. Auch im Abwasser wurde sehr, sehr viel investiert. Es wurde eine neue Kläranlage Sonneberg-Heubisch gebaut, es wurden die Kläranlagen Schalkau, Steinach und nicht zuletzt Lauscha errichtet. An die Kläranlage Sonneberg wurden weite Teile der Föritztalgemeinde, aber auch noch ganze Ortsteile der Stadt Sonneberg angeschlossen. Für Heinersdorf wurde eine Anbindung an den Markt Pressig hergestellt. Das bedeutet in der Ergänzung, dass für die genannten Ortschaften auch ein komplett neues Kanalnetz und in diesem Zuge auch die Erneuerung der Trinkwasserleitung realisiert wurden. Allein, wenn man sich dies vor Augen führt, erkennt man, dass dies schon eine gewaltige Aufgabe gewesen ist und all diese Investitionen und noch viele mehr ergeben eine Summe von über 210 Millionen Euro, die seit Gründung des Zweckverbandes in die Infrastruktur der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung investiert worden sind.

Sie sind für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im kompletten Landkreis zuständig. Gibt es hier sozusagen weitere Ecken, wo es noch keinen Kanalanschluss gibt?
BH: Ja in der Tat, die gibt es noch. Es wird auch auf Dauer weiße Flecken geben, nämlich die Ortschaften, wo sich entsprechend unserer Berechnungen ein Anschluss an eine Kläranlage nicht lohnt.

Aber auf der anderen Seite gibt es auch noch eine ganze Vielzahl von Ortschaften, welche an eine Kläranlage anzuschließen sind. Aktuell erhöhen wir den Anschlussgrad in Mengergereuth-Hämmern und in Rauenstein.

In den nächsten 10 Jahren sollen noch die Ortschaften Hasenthal und Spechtsbrunn eine Kläranlage bekommen und daran angeschlossen werden. Dann ist es noch notwendig, Effelder zusammen mit Seltendorf und Grümpen an die Kläranlage Schalkau anzuschließen, genauso wie auch Bachfeld, Theuern und Truckenthal. Es ist aber auch noch notwendig, in die Trinkwasserversorgung zu investieren. Für Heubisch und Mupperg beabsichtigen wir, einen neuen Tiefbrunnen und eine neue Trinkwasseraufbereitungsanlage zu bauen. Für die Gruppenwasserversorgung Sonneberg ist es wichtig, noch einen weiteren Tiefbrunnen zu erschließen. Also alles in allem haben wir auch noch jede Menge Arbeit vor uns.

Was war Ihnen persönlich bei Ihrer Arbeit wichtig?
BH: Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ist eine kommunale Pflichtaufgabe, eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Somit ist es eine der wichtigsten Aufgaben, die Kommunen für ihre Bürger zu erbringen haben.

Daraus ergibt sich, das Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ein mittel- und langfristiges Projekt ist und alle wichtigen Entscheidungen einen mittel- und langfristigen Betrachtungshorizont haben sollten. Das bedeutet, Anlagen und Netze sollten so geplant, realisiert und betrieben werden, dass diese generationenübergreifend von der Bevölkerung genutzt werden können. Dafür brauchen wir Mitarbeiter, welche über die erforderlichen Qualifikationen verfügen und auch das notwendige Verantwortungsbewusstsein haben. Nichts destotrotz darf Effizienz und Wirtschaftlichkeit nicht aus dem Auge verloren werden. Auch hier ist es wichtig, dass sämtliche Prozesse im Unternehmen immer wieder hinterfragt werden.

Gegenüber unseren Kunden war es mir wichtig, immer dort, wo sich die Gelegenheit geboten hat, zu erklären, warum wir wann, wo und welche Entscheidung getroffen haben und dies auch hinreichend begründet. Darüber hinaus habe ich versucht, immer engen Kontakt zu den Gemeinde- und Stadträten der Verbandsgemeinden zu halten, um auch hier eine Transparenz und Verständnis für unsere Handlungen zu schaffen.

Wasser ist ja unser kostbarstes Lebensmittel überhaupt. Was ist Ihnen beim Umgang mit diesem Wasser besonders wichtig?
BH: Mir ist dabei besonders wichtig, dass man es nutzt. Jetzt wird sicherlich der eine oder andere Leser sagen, natürlich ist klar, dass der Werkleiter für den Umsatz der Wasserwerke eine solche Aussage macht. Aber so meine ich es gar nicht. Ich habe gerade am Anfang des Interviews geschildert, welche Anstrengungen und Aufwendungen wir getätigt haben, um eine hochwertige und zuverlässige Wasserversorgung aufzubauen. Und diese Infrastruktur soll den Menschen auch zu Nutzen kommen.

Wir leben zum Glück in einer Region, die von Wassermangel und Wasserknappheit in der Tat nicht betroffen ist. Auch nicht nach einem derartigen trocknen Frühjahr und Sommer. Und wir entnehmen für die Wasserversorgung deutlich weniger Wasser, als es sich jährlich natürlich neu bildet.

Es gibt also ökologisch und ökonomisch überhaupt keinen Grund, besonders sparsam mit dem Wasser umzugehen. Und deswegen möchte ich eigentlich, dass die Menschen des Verbandsgebietes das Wasser nutzen und genießen.

Sie geben mir gerade das Stichwort hierzu, den Klimawandel. Haben Sie denn unter der Hitzewelle in den letzten Wochen und Monaten zu leiden gehabt?
BH: Nein, eindeutig nein. Auch wenn der Verbrauch an Trinkwasser deutlich gestiegen ist, war für uns ein weitgehend normaler Betriebsablauf angesagt. Wasser hatten wir immer genügend, was daran liegt, dass wir unser Wasser hauptsächlich aus Tiefbrunnen oder Talsperren gewinnen. Wir nutzen nur noch sehr wenige oberflächennahe Dargebote, zumeist Quellen, die in der Tat massiv von der Trockenheit betroffen sind. Dort sind allerdings nur sehr wenige Menschen angeschlossen, so dass die zurückgehende Wassermenge auch dort noch ausreichend ist, um eine stabile Wasserversorgung aufrecht zu erhalten. Lediglich der Ortsteil Rabenäußig bildet eine Ausnahme. Hier haben wir noch eine relativ einwohnerstarke Siedlung, welche über Quellen versorgt wird, was es erforderlich macht, dass wir zusätzlich Wasser per LKW in den Hochbehälter transportieren müssen.

Ich möchte allerdings auch erwähnen, wenn wir eine derartige Wetterlage mit der Infrastruktur von vor 20 Jahren hätten, dann hätten wir in der Tat große Probleme, da bin ich mir ganz sicher. Und gerade bei diesen Witterungsbedingungen erkennt man, wie sinnvoll und richtig die Investitionen der vergangenen 2 ½ Jahrzehnte gewesen sind.