„Ich werde meinen Arbeitsplatz sicher mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlassen“, so Gerhard Preß, der dieser Tage sein letztes Arbeitsjahr be­gonnen hat.

Seit nunmehr 30 Jahren sitzt er auf dem Chefsessel im Rö­dentaler Rathaus. Für ihn stand schon immer fest: Wenn es die Gesundheit zulässt, „dann ar­beite ich bis zum letzten Dienst-Tag. Ein vorzeitiger Ruhestand kommt für mich nicht in Frage“. Und strahlend fügte er, mit Blick auf den Kalender, hinzu: „In einem Jahr habe ich schon meinen 2. freien Tag!“

„Mir hat dieser Beruf trotz zahl­reicher schwieriger Herausforderungen immer sehr viel Freude gemacht“, blickt Gerhard Preß in einem Gespräch mit amadeus zufrieden auf sein Wirken in Rödental zurück.

Viel ist in der drei Jahrzehnte andauernden Amtszeit von Gerhard Preß passiert. „Ich bin unbefangen, mit viel Ehrgeiz und voller Zuversicht an die Aufgaben herangegangen. Die zehn Jahre als Kämmerer in Rödental haben mir natürlich meinen Start als Bürgermeister sehr erleichtert“, erinnert sich Preß zurück. Es hat ihm über viele Jahre trotz großer Aufgaben, die zu bewältigen waren, sehr viel Spaß ge­macht, mit der Einwohnerschaft, dem Gemeinderat und den Vereinen sowie den Kirchengemeinden zusammenzuarbeiten, wie er betont. „Ich habe sehr schnell bemerkt, wenn alle zusammenarbeiten, wenn man offen miteinander umgeht, wenn man versucht, die Dinge beim Schopf zu packen, wenn man auch Fehler erkennt, dass man dann sehr viel bewegen kann“. Es ist Gerhard Preß bereits nach wenigen Jahren gelungen, eine ge­sunde Entwicklung der Stadt Rödental zu schaffen und diesen Aufwärtstrend zu stabilisieren. Hier haben ihm auch seine guten Kontakte zur Re­gierung von Oberfranken in Bayreuth und zur Landesregierung in München oftmals die Türen geöffnet und Wege ge­ebnet. Statt einen Brief zu schreiben, wurde Gerhard Preß gern selbst in den einzelnen Abteilungen in der Landesregierung vorstellig. Gerhard Preß kennt fast alle Entscheider persönlich, die in politischer Verantwortung für Oberfranken und für den Freistaat stehen. Er hat alle seit 1984 in Bayern amtierenden Ministerpräsidenten und fast alle Minister und Staatssekretäre in Rödental begrüßen können. Gern erinnert er sich auch an seine Besuche bei Franz Josef Strauß, dem damaligen Ministerpräsidenten, als er seine Amtszeit in Rödental begann. Der gute Kontakt zu allen fünf bisher „miterlebten“ Ministerpräsidenten war für Preß und seine Ideen bei der Umsetzung immer erfolgreich. „Nicht nur Kontakt hatte ich mit allen Ministerpräsidenten, sie waren auch alle hier bei uns in Rödental“, zeigt der Bürgermeister mit Stolz auf.

Gerhard Preß stammt aus dem Örtchen Thiersheim, nahe der tschechischen Grenze, im Fichtelgebirge gelegen. Der Vater hatte einen Dachdeckerbetrieb und schon als Bub half Gerhard auf den Baustellen mit. „Damals war ich schon schwindelfrei – und als Bürgermeister bin ich es auch immer gewesen“, lacht Preß. 1964 ging Preß nach dem Schulabschluss zur Ausbildung zum Freistaat. Als man ihm bei seiner Ausbildung bescheinigte, dass er für den Verwaltungsberuf eigentlich ungeeignet sei, liebäugelte er mit einer Ausbildung bei der Schmidt-Bank. Seine Prüfung absolvierte er dann als Bester in Bayern. Das Landratsamt Ebermannstadt war seine erste Station auf dem Weg zum Beamten. Bereits 1967 wurde er zur Regierung von Oberfranken in die Schulabteilung versetzt. 1969 erfolgte die Heirat mit „seiner Ilse“, der damaligen Kindergarten-Leiterin von Burgkunstadt. 1970 kam die Versetzung nach Coburg. Und 1973 ging es dann nach Rödental. Hier hat Preß als Kämmerer begonnen und seit dieser Zeit die Entwicklung der jungen Stadt mitgestaltet. Trotz vieler Anfragen und Vorschläge, sich andersweitig beruflich zu orientieren, z. B. zur Landesregierung nach München zu gehen, hat Preß sich für Rödental entschieden. 1984 bewarb er sich als 36-jähriger für die Freien Wähler (FW) und mit Unterstützung der CSU um die Nachfolge Ferdinand Fischers als Bürgermeister. „Es war damals ein ganz schwieriger Wahlkampf“, erinnert sich Preß. Trotzdem setzte er sich schon im ersten Wahlgang gegen seine Mitbewerber durch. Viermal wurde er seitdem im Amt bestätigt.

Selbstbewusst zeigt sich Gerhard Preß in der Aufzählung vieler realisierter Vorhaben in seiner Amtszeit. Trotz Coburger Intervention bestand er auf die weitere Entwicklung von Gewerbegebieten. Auch konnte ein Rest der Hummel-Tradition bewahrt werden und die Fertigstellung der Ortsumgehung war für den Bürgermeister einer seiner größten Wünsche, die nach harter Arbeit im Jahr 2012 abgeschlossen werden konnte. Was allerdings nicht realisiert wurde, war die vom CSU-Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Jürgen W. Heike geforderte Ehrenbürgerwürde der Stadt Neustadt/C.. „Diese hat er sich mit seinem Einsatz für den Bau der Umgehung Rödentals als Autobahnzubringer verdient“, so Heike und führte aus, dass sie ein großer Gewinn sei, auch für die Menschen im Raum Neustadt/Sonneberg. Mit seinem Einsatz bei der Bayerischen Staatsregierung habe Gerhard Preß erst die Voraussetzung geschaffen, dass die im vergangenen Jahr in Be­trieb gegangene Umgehung überhaupt gebaut werden konnte. Es habe, so Heike, in der Vergangenheit genügend Zweifler gegeben, die nicht an den Erfolg von Preß geglaubt hätten.

Stolz und dankbar ist Gerhard Preß über die Verleihung des Bayerischen Verdienstordens im vergangenen Jahr. Dies zeige ihm, so Preß, dass seine Arbeit auch bei der Landesregierung Anerkennung gefunden habe. Gerhard Preß hat in seiner fast drei Jahrzehnte währenden Amtszeit als Bürgermeister die positive Entwicklung der Stadt Rödental entscheidend mitgeprägt, heißt es in der Laudatio zur Verleihung des Bayerischen Verdienstordens. Mit großem persönlichem Engagement habe er viele Projekte und weitreichende Maßnahmen verwirklicht. Er habe sich „in außergewöhnlicher Weise um die Stadt Rödental und den Landkreis Coburg verdient ge­macht“. Darüber hinaus habe sich Preß in einer Reihe regionaler und überregionaler Gremien mit hohem Sachverstand und Überzeugungskraft eingebracht, zum Beispiel als Kreisrat im Kreistag des Landkreises Coburg sowie als Vorstandsmitglied des Bayerischen Städtetags und des Bayerischen Kommunalen Prü­fungsverbands. Diesen führt er seit dem Jahr 2008 als Vorsitzender.

Das Wirken des Rödentaler Bürgermeisters sei herausragend und gehe weit über seine Pflichten hinaus. Er habe sich damit um seine oberfränkische Heimat und Bayern große Verdienste erworben.

Gerühmt wird Preß, auch vom politischen Gegner, für seine faire, offene, menschliche und ruhige Art. Mit vielen Anliegen sind die Bürger gekommen. Gerhard Preß hatte immer ein offenes Ohr. Geht man mit dem Bürgermeister durch „sein Rödental“, egal welchen Ortsteil, immer wird er angesprochen oder geht auf die Menschen zu. Das Faszinierende daran: Er kennt fast alle mit Namen, weiß wo sie leben und kennt auch ihre Vorlieben oder Problemchen.

Aus dem Berufsleben wird sich Gerhard Preß im kommenden Jahr zwar zurückziehen, Rödental bleibt dem Pensionär aber weiterhin verbunden. Trotz der schönen Erinnerungen an ein arbeitsreiches Leben für die Stadt Rödental – Gerhard Preß freut sich auf den Ruhestand „und ohne Terminplaner leben zu dürfen“, lacht Preß, denn dann will er sich vermehrt Familie, Haus und Garten widmen.

che