Ein herzlicher Empfang sieht anders aus: Mit Pfiffen und Buh-Rufen begrüßen die Demonstranten vor dem Landratsamt in Coburg Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Durch das Coburger Land darf nicht noch eine Stromtrasse gebaut werden – das zeigen die Protestierenden klar und deutlich. Doch auch die Botschaft des Bundeswirtschaftsministers ist eindeutig. Er will „bereit sein, mit den Leuten zu reden, bereit sein, manches zu überdenken, und stark genug sein, Notwendiges durchzusetzen.“ Und dazu gehören eben auch neue Stromtrassen. Er müsse „die Verantwortung am Ende übernehmen, dass in Deutschland die Lichter nicht ausgehen.“ Angesichts der Energiewende, einer „nationalen Kraftanstrengung, wie es sie in der Geschichte der Elektrizitätswirtschaft noch nicht gegeben hat“, sei es wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, damit der Strom sauber und für die Bürger bezahlbar bleibt sowie die Stromversorgung gesichert werden kann.

Dem Widerstand gegen die im Raum stehende „P44“ oder „P44 mod.“ schließen sich – unabhängig von Parteizugehörigkeit oder Zuständigkeitsbereich – auch Kommunalpolitiker und Abgeordnete aus der Region an. Der Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach (CSU) betont, dass mit der Autobahn, der ICE-Neubaustrecke und der „Thüringer Strombrücke“, die sich von Schalkau im Landkreis Sonneberg bis nach Redwitz an der Rodach erstreckt, die Region bereits genug für den Infrastrukturausbau nach der Wiedervereinigung getan habe. Christian Gunsenheimer, Klimaschutzbeauftragter des Landkreises Coburg, wolle einen wissenschaftlich fundierten Nachweis, dass der Bau der P44 notwendig sei. Markus Mönch, Bürgermeister der Gemeinde Weidhausen, und Udo Döhler, Bürgermeister der Gemeinde Dörfles-Esbach, legten im Gespräch mit Peter Altmaier die gewaltigen Einschnitte dar, unter denen ihre Gemeinden schon jetzt durch die bisherigen Ausbaumaßnahmen zu leiden haben. Der Konsens der Redner aus der Region: Der Bau einer neuen Stromtrasse, die parallel zur erst kürzlich vollendeten Trasse verlaufen soll oder der Abriss der neu gebauten Stromtrasse für die P44 könne den Bürgern nicht vermittelt werden.

Auch die neue bayerische Regierung spricht sich gegen neue Stromtrassen durch Bayern – und damit auch gegen die P44 – aus. Das betonten Hubert Aiwanger (FW), bayerischer Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident und der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (FW), die für den Dialog mit Peter Altmaier ebenfalls nach Coburg kamen. Ob es eine weitere Stromtrasse durch das Coburger Land geben wird, entscheidet aber der Bund. Peter Altmaier kündigte an, sich in den nächsten Wochen mit den Ministern aus Hessen, Thüringen und Bayern zusammenzusetzen, um eine Lösung zu suchen, bei der „so viel Akzeptanz wie möglich“ erreicht wird. Spätestens Anfang 2019 steht dann fest, ob die Trassengegner im Coburger Land aufatmen können.