Was hinter der großen Naturschutz-Aktion steckt

Jetzt im April und Mai haben Ehrenamtliche des LBV Coburg fast 30 neue Nistkästen im Wert von über 750 Euro auf verschiedenen LBV-Flächen im Coburger Land installiert. Sowohl die ausgewählten Nistkastentypen als auch die Flächenauswahl kam nicht von ungefähr, denn der gemeinnützige Naturschutzverein will damit speziell die Bestände zweier bestimmter Vogelarten fördern. 

Zum einen der Wendehals, eine besondere kleine Specht-Art, die sich keine eigene Höhle zimmern, sondern sich allenfalls als „Nachmieter“ in die vorherigen Bautätigkeiten seiner Verwandten einnisten kann. Als Charaktervogel der alter Streuobstbestände nutzt der Wendehals gerne vorhandene Fäulnishöhlen im alten Baumbestand und natürlich auch geeignete geräumige Nistkästen, denn seine Gelege mit acht bis zehn Eiern brauchen auch entsprechenden Platz. Der hier verwendete Nistkasten-Typ mit Ovalloch wird beispielsweise auf dem Lauterberg gerne von ihm angenommen, der Einschlupf ist aber für seinen Nistplatz-Konkurrenten, dem Star, zu klein. 

Der Wendehals gilt in Bayern als „vom Aussterben bedroht“, hat aber in westlichen Oberfranken einen bayerischen Verbreitungsschwerpunkt mit stabilen Beständen. Wir haben daher im Raum Coburg eine besondere Verantwortung, diese Art zu stützen, und ihr neue geeignete Lebensräume durch den Ausgleich fehlender Nistgelegenheiten zu erschließen. So beispielsweise am Fechheimer Berg, wo die LBV-Aktiven Freimut Brückner und Petra Altrichter die Nistkästen installiert haben, im Gebiet Weinberg Mönchröden/Horeb, wo Thomas Herold die neue Nistgelegenheiten aufgehängt hat, und im lichten Kiefernwald bei Fornbach, wo Roland Kirchner und Julian Hauschild tätig wurden, denn dort ist auf den Kalkmagerrasen und Extensivwiesen und -weiden ausreichend Nahrung vorhanden. Der Wendehals ernährt sich fast ausschließlich von bodenlebenden Ameisen.  

Möglicherweise können wir bereits heuer erste Erfolge verbuchen, da Wendehälse zu den spät bei uns eintreffenden Vogelarten gehören. Denn – das ist eine weitere außergewöhnliche Eigenart für Spechte – sie sind Langstreckenzieher, die südlich der Sahara überwintern. Erste Erfolge zeigen sich in unserem LBV-Schutzgebiet Hambachgrund, das seit längerem mit Nistkästen ausgestattet ist, und wo sich heuer wieder zwei Wendehals-Reviere etabliert haben. 

Unsere zweite Zielart ist der in Bayern gefährdete Gartenrotschwanz, der einiges mit dem Wendehals gemeinsam teilt: Er ist ebenfalls ein Langstreckenzieher, und er kommt nicht selten mit ihm im gleichen Lebensraum vor – insbesondere wenn mit Streuobstbäumen ausgestattet. Nur mag er es etwas heller an seinem Nistplatz, daher haben wir für ihn spezielle Nischenbrüterkästen ausgewählt, die von Bernd und Urs Leuthäusser beispielsweise auf unserer Pachtfläche am Beerhügel bei Cortendorf aufgehängt wurde. Da sind in den vergangenen Jahren beide Arten nebeneinander präsent. 

Weitere Flächen, von denen wir uns entsprechenden Erfolg erhoffen, liegen auf unseren Streuobst-Grundstücken bei Weißenbrunn vorm Wald und nördlich Oberlauter. Vielversprechende Beobachtungen machte unser Naturschutzfachberater Gerhard Hübner bei der Installation eines neuen Nistkastens auf der neuen LBV-Fläche am Goldberg, Bad Rodach. Dieser lang gehegter Ankaufswunsch war durch die finanzielle Unterstützung der Stiftung Habermaass 2020 dankenswerterweise umgesetzt worden. Bei der Kastenausbringung am 1. Mai wurde Gerhard Hübner gleich von einem aus der „Galgen-Eiche“ singenden Gartenrotschwanz begrüßt. Und wenig später rief ein Wendehals aus einer nahe gelegenen jungen Streuobst-Anlage. Da es für beide noch Zugzeit war, bleibt abzuwarten, ob sie nun auf der Fläche bleiben. „Wir hoffen, dass die angebrachten Nistkästen sie dazu animiert haben könnten, den Lebensraum zu beziehen, anstatt weiterzuwandern“, sagt Gerhard Hübner. 

Abgerundet wurde die Aktion mit speziellen Keramik-Nistklötzen für Wildbienen, die dem LBV von der Firma Denk Keramische Werkstätten aus Neu-Neershof, gespendet wurde. Die Hälfte dieser 20 Niststeine wurde bereits bei dieser Gelegenheit auf LBV-Flächen aufgehängt. „Den Rest werden wir bei Kindergruppen-Aktionen – sobald es Corona wieder erlaubt – im Hambachgrund und in unserem ,verwilderten‘ Garten in Bertelsdorf aufhängen. Wir sagen ein herzliches Dankeschön an die Firma, dass sie an uns gedacht hat.“ 

Freimut Brückner vom LBV bei der Installation einer der fast 30 neuen Nistkästen im Coburger Land. Foto: Petra Altrichter/LBV Coburg

Noch ein paar Nachsätze zum Grübeln:  
Wir haben bei uns noch relativ gute Bestände der beiden Vogelarten Wendehals und Gartenrotschwanz und versuchen die Lebensumstände hier permanent zu verbessern. Nur müssen wir über den Tellerrand hinausschauen! Denn beide Zielarten sind Zugvögel. Wie ergeht es ihnen in ihren Überwinterungsgebieten? Und wie ergeht es ihnen auf dem Zug? Vogelfang im Mittelmeergebiet ist jedenfalls immer noch gang und gäbe und keineswegs ausgemerzt, wogegen der LBV mitkämpft. Es wäre doch zu schade, wenn unsere „Nachzucht-Erfolge“ aus dem Coburger Land in mediterranen Kochtöpfen landen.