GESUNDHEIT 1996 startet die Klinik für Geriatrie und Rehabilitation in Coburg und wird zum bundesweiten Modellprojekt.
Im August des Jahres 1996 sind Handwerker mit den letzten Arbeiten in der Klinik für Geriatrie und Rehabilitation an der Ketschendorfer Straße beschäftigt. „Eine unserer ersten Patientinnen, eine 99 Jahre alte resolute Frau aus Rohrbach, gab den Bauarbeitern Anweisungen, wie was zu geschehen hat“, erinnert sich Professor Dr. Johannes Kraft. Offiziell nahm die Geriatrie am Donnerstag, dem 1. August 1996, ihren Betrieb auf. Vor 25 Jahren konnte niemand ahnen, dass die Geriatrie am damaligen Landkrankenhaus Coburg zum Vorbild für viele Krankenhäuser in Deutschland werden und als „Coburger Modell“ in der Branche Schule machen sollte. „Wir waren damals sofort voll belegt. Bereits nach fünf Jahren folgte eine Erweiterung“, skizziert Prof. Dr. Johannes Kraft den Bedarf.
1996 war die Geriatrie in Coburg das erste Zentren bundesweit, das die Chancen moderner geriatrischer Rehabilitation mit der Sicherheit der medizinischen Rund-Um-Versorgung eines Schwerpunktklinikums verbunden hat. Durch die enge Zusammenarbeit mit allen Abteilungen der heutigen Regiomed-Kliniken wird eine optimale Versorgung und Sicherheit der älteren Patienten erreicht.
Der Name Johannes Kraft ist mit der Geriatrie an der Itz untrennbar verbunden. Als „normaler“ Arzt am Klinikum Coburg wurde im rasch deutlich, dass es immer mehr Menschen mit gleichzeitig vielen verschiedenen Krankheitsbildern geben wird. Vor allem Ältere sind davon betroffen. „Die treffen normalerweise auf ein hochspezialisiertes organkonzentriertes medizinisches System, das sich auf eine Krankheit fokussiert.“ Diese Patienten benötigen mehr als die „reine Reparaturmedizin“, die der Chefarzt der Geriatrie aber auf jeden Fall zu schätzen weiß.
Der ganzheitliche Gesundheitsbegriff nimmt sich den alterstypischen Erkrankungen und Mehrfacherkrankungen an. „Was wünschen Sie sich? Was soll in drei Wochen anders sein?“ Das fragen die Ärzte in der Geriatrie als Erstes. Meist seien es auf den ersten Blick ganz banale Dinge, sagt Dr. Kraft. Die Patienten wollten „wieder Laufen können“, „niemandem zur Last fallen“, „klar im Kopf werden“ oder nicht mehr unter Inkontinenzen leiden. Neben der Therapie von Krankheiten ist nach den Worten des Geriaters Kraft „eine Perspektive für die Menschen wichtig“. Das gesamte Team der Geriatrie arbeitet daran, wieder Lebensqualität herzustellen und die Patienten wieder ins Leben zurückzuführen. Dazu wird jeder Fall im Kreis der Ärzte und Therapeuten immer wieder besprochen. „Wir können oft Pflegebedürftigkeit vermeiden oder zumindest hinauszögern.“
Die medizinische Spezialdisziplin Geriatrie beschränkt sich nicht nur auf das Klinikum. Mit der ambulanten und mobilen geriatrischen Rehabilitation und der Tagesklinik wird das Prinzip „ambulant vor stationär“ konsequent verfolgt. „Die Patienten werden zu Hause für die ambulante Geriatrie abgeholt, bei der mobilen Reha kommt der Therapeut in die Wohnung und trainiert dort mit den Patienten“, beschreibt Prof. Dr. Kraft das Prinzip.
Vor 25 Jahren war die Geriatrie die kleinste Abteilung am Coburger Krankenhaus, heute ist sie die zweitgrößte im gesamten Verbund der Regiomed-Kliniken in Bayern und Thüringen. Bis ins Jahr 2050 wird der Bedarf an Altersmedizin bzw. Altersheilkunde weiter steigen.
„Unsere jüngste Patientin war gerade fünf Jahre alt“, weißt Prof. Dr. Johannes Kraft auf Ausnahmen hin. Das Frühgeborene war an Armen und Beinen gelähmt und konnte sich kaum bewegen. Nach einem halben Jahr intensiver Behandlung ist es gelaufen. Die Langzeittherapie über einen Zeitraum von zehn Jahren zeigt Erfolge: Heute spielt die Jugendliche Klavier und tollt beim Sportklettern herum. „Der starke Wunsch laufen zu können hat besonders in diesem Fall Lebensqualität zur Folge gehabt“, freut sich Dr. Johannes Kraft.