Schon bei einem kleinen Rundgang durch das Kronacher Schützenhaus merkt man, dass Jörg Schnitzler ein leidenschaftlicher Sportschütze ist. Für das Sportschießen brennt er nun schon seitdem er im Alter von 14 Jahren der Schützengesellschaft Kronach beigetreten ist. Zunächst hat er mit dem Luftgewehr angefangen, später allerdings das so genannte „Keilerschießen“, die laufende Scheibe auf die Distanz von 50 Metern für sich entdeckt und konnte da sogar international Erfolge erzielen. Auch nach seiner Zeit als aktiver Schütze ist Jörg Schnitzler den Kronacher Schützen treu geblieben und wurde nun auf der vergangenen Jahreshauptversammlung zum neuen Schützenmeister gewählt. Im Interview erzählt Jörg Schnitzler, wie er sich in seinen neuen Posten eingelebt hat, welche Herausforderungen er schon angepackt hat und verrät erste Einzelheiten zum diesjährigen Kronacher Freischießen.
Herr Schnitzler, Sie sind schon in jungen Jahren zur Schützengesellschaft gestoßen. Hätten Sie damals gedacht, dass Sie einmal an der Spitze des Vereins stehen?
Jörg Schnitzler: Nein, damit habe ich definitiv nicht gerechnet. Gerade in der Zeit als aktiver Schütze habe ich mich aufs Schießen konzentriert, später habe ich als Vereinsmitglied den geselligen Teil genossen. Dass ich mich irgendwann in der Position des Schützenmeisters wiederfinde, habe ich wirklich nicht erwartet.
Hatten Sie damals insgeheim doch den Traum, einmal Schützenmeister zu werden?
Jörg Schnitzler: Ich habe schon in jungen Jahren gesehen, wie viel Arbeit und Herzblut in diesem Posten steckt. Aus diesem Grund hatte ich schon immer Respekt vor dieser Aufgabe und habe unsere Schützenmeister für ihr Engagement bewundert. Ich habe also ganz gewiss nicht darauf hingearbeitet, einmal an der Spitze des Vereins zu stehen. Doch da es die Umstände nun so ergeben haben, werde ich mein Bestes geben, um der anspruchsvollen Aufgabe gerecht zu werden.
Was hat sich für Sie geändert, seitdem Sie Schützenmeister geworden sind?
Jörg Schnitzler: Dadurch, dass wir mit etwa 700 Mitgliedern schon lange kein kleiner Verein mehr sind, liegen große Herausforderungen und Aufgabenstellungen vor mir. Die Bearbeitung der Post und die Freigabe von Zahlungen gehören für mich zum Tagesgeschäft, hinzu kommen Anfragen von Schaustellern, die beim Freischießen dabei sein wollen, die Verhandlungen mit Behörden und die Instandhaltung beziehungsweise Renovierungsarbeiten am Schützenhaus, die auch bearbeitet und geplant werden müssen. All das muss natürlich rechtzeitig geschehen, damit es keine Schwierigkeiten gibt und Termine und Fristen eingehalten werden. Da bin ich schon froh darüber, dass ich mir mit den anderen Vorstandsmitgliedern die Arbeit etwas aufteilen konnte.
Wie haben Sie sich bisher in den neuen Aufgabenbereich eingelebt?
Jörg Schnitzler: Ich habe mich schon gut eingearbeitet, aber es liegt noch viel Arbeit vor mir. Auf mich kommen viele Aufgaben zu, und ich muss mich noch in viele Dinge einlesen. Das wird nicht leicht. Aber zum Glück habe ich noch drei weitere Vorstände und unseren Platzmeister „Charly“ Wittig. Alle haben in den letzten Jahren herausragende Arbeit geleistet und können mir nun mit ihrem Fachwissen zur Seite stehen. Das macht die Arbeit als Schützenmeister deutlich leichter und entspannter.
Mit der Wahl zum Schützenmeister wurden Sie fast schon automatisch zu einem Hauptakteur im Rechtsstreit um das Kronacher Freischießen, von dem schon seit längerem in den Medien berichtet wird. Hatten Sie deshalb das Gefühl, dass Sie einen besonders schweren Start als Schützenmeister hatten?
Jörg Schnitzler: Da die Klage des Anwohners noch immer im Raum stand, war die Beilegung des Rechtsstreits natürlich eine akute Aufgabe, die ich sofort anpacken musste. Natürlich wäre es leichter gewesen, wenn ich mich neben der Einarbeitung in das Tagesgeschäft nicht auch noch den rechtlichen Themen hätte widmen müssen, aber da das Problem wirklich dringend war, habe ich alles notwendige gemacht, um so schnell wie möglich für Klarheit zu sorgen.
Ihr erster Ansatz war, den betroffenen Anwohnern in einem klärenden Gespräch zu begegnen. Wie bewerten Sie den Verlauf des Zusammentreffens?
Jörg Schnitzler: Sehr positiv. Ich habe gemerkt, dass alle Gesprächspartner darauf hinarbeiten, dass der Rechtsstreit bald aus der Welt geschafft wird. Wir befinden uns definitiv auf dem richtigen Weg: Beide Seiten haben sich die Hand gereicht und wir stehen kurz vor einer Einigung. Nun müssen alle anderen betroffenen Institutionen für die Kompromisse, die wir gemeinsam erarbeitet haben, grünes Licht geben. Man darf also hoffen, dass die Sache nach so langer Zeit endlich für alle Beteiligten eine positive Wendung genommen hat.
Dieses Freischießen wird für Sie gleichzeitig das erste Freischießen als neuer Schützenmeister. Sind Sie deshalb sehr nervös oder überwiegt doch die Vorfreude?
Jörg Schnitzler: Bei der Organisation des Freischießens prasselte in einer relativ kurzen Einarbeitungszeit viele neuartige Eindrücke auf mich ein. Für mich waren die meisten Abläufe und Vorgänge völlig neu und es wird für mich noch eine Herausforderung, das alles ordentlich und professionell umzusetzen. Aber trotzdem überwiegt natürlich die Vorfreude auf das Freischießen.
Was macht das Freischießen Ihrer Meinung nach zu einem einzigartigen Volksfest?
Jörg Schnitzler: Das ist auf jeden Fall die Angebotsvielfalt, die wir hier anbieten können. Das ergibt sich einerseits schon aus unserer räumlichen Situation. Ob Halle, Bierhütte, Terrasse oder Biergarten: Das Kronacher Freischießen lässt sich an den verschiedensten Orten genießen. Und auch das Standkonzert am Sonntag ist etwas ganz Besonderes, denn auf keinem Volksfest kann man sonst in dieser Atmosphäre und bei toller Musik einen leckeren Braten mit Klößen essen. Wer dann doch einen anderen musikalischen Geschmack hat, kommt am Abend auf seine Kosten. Für jeden ist etwas dabei und alle können ihren Besuch auf dem Freischießen ganz nach ihren Interessen individuell gestalten.
Was machen Sie als Besucher auf dem Freischießen am liebsten?
Jörg Schnitzler: Auf dem Freischießen erlebe ich jedes Jahr aufs Neue unbeschwerte Stunden. Ich liebe es, dort einen gemütlichen, geselligen Tag mit Freunden und Bekannten zu verbringen. Besonders gerne lausche ich dabei der Musik. Das leckere Essen und ein kühles Bier runden meinen Besuch auf dem Freischießen schließlich ab.
Worauf dürfen sich die Besucher beim diesjährigen Freischießen freuen?
Jörg Schnitzler: Es wird sich größtenteils im Rahmen der letzten Jahre halten. Sofern es das Wetter zulässt, wird es ein Feuerwerk geben. Ein musikalisches Highlight wird der Luftwaffenkorps sein, der in diesem Jahr von Sonntag bis Sonntag im Pavillon spielen wird. Und, so viel darf verraten werden: Es werden ein paar kulinarische Neuheiten geboten sein. Unsere Besucher dürfen gespannt sein und sich überraschen lassen.
Neben dem Festbetrieb wird auch in diesem Jahr der „Schützenkönig“ gesucht. Warum lohnt es sich, um diesen „Adelstitel“ zu kämpfen?
Jörg Schnitzler: Schützenkönig zu werden ist eine ganz besondere Ehre. Beim Schützenumzug gemeinsam mit seinen „Rittern“ vorneweg zu laufen, das ist ein einmaliges Erlebnis. Bei der Proklamation die Kette umgehängt zu bekommen ist ein tolles Gefühl. Wenn der Schützenkönig das möchte, darf er auch für einen Marsch den Taktstock schwingen und den Musikkorps dirigieren. Die Zeit als Schützenkönig sollte man besonders genießen, denn man sammelt einzigartige Erfahrungen.
Wie jeder „Herrscher“ hat der Schützenkönig sicherlich nicht nur Vergnügungen. Welche royalen „Pflichten“ kommen den auf den Schützenkönig zu?
Jörg Schnitzler: Das ist in unserem Verein sehr frei gestaltet. Üblich ist es, dass der Schützenkönig seine „Schützenbrüder“ zum Essen einlädt und eine Plakette für die Königskette sowie eine Königsscheibe spendet. Gerne gibt der frisch gekürte Schützenkönig für seine Vereinskollegen auch das ein oder andere Bierchen aus. Aber niemand muss sich für uns in Unkosten stürzen: Wie das Essen gestaltet wird, ist jedem selbst überlassen. Wir haben zum Beispiel Jäger in unserem Verein, die hier ein Festmahl aus einem selbst geschossenen Wild gezaubert haben. Außerdem gibt auch der Schützenverein noch einen Obulus dazu.
Welche Tipps geben Sie allen Wettbewerbsteilnehmern auf dem Weg, damit es mit dem Königstitel klappt?
Jörg Schnitzler: Sie sollen natürlich gut schießen (lacht). Spaß beiseite: Der beste Weg, um Schützenkönig zu werden, ist immer noch ruhig zu bleiben und sich selbst nicht unter Druck zu setzen. Wer nervös wird, verreißt den Schuss – und da jeder nur einen Schuss hat, wäre die Chance dann vertan. Neben dem Können brauchen die Teilnehmer aber auch ein Quäntchen Glück, um sich schließlich den Titel zu sichern. Das gilt natürlich auch für die Teilnehmer beim „Jedermannsschießen“, wobei hier nicht nur ein Schuss gewertet wird. Hier zählt in einer Disziplin der besten Serie und in der anderen der beste Tiefschuss – somit können auch unerfahrene Teilnehmer tolle Preise gewinnen.
Der Wettbewerb ist also eine gute Möglichkeit, als Außenstehender einmal in den Schießsport hineinzuschnuppern. Was gefällt Ihnen denn am Sportschießen?
Jörg Schnitzler: Es ist die Herausforderung, die mir schon immer am Sportschießen gefallen hat. Man kann sich zwar im Vorfeld Tipps und Tricks von anderen Mitgliedern holen, aber beim Wettkampf selbst ist man auf sich allein gestellt und muss sein Können allein unter Beweis stellen. Klar steht man dabei auch mit den anderen Wettkampfteilnehmern in Konkurrenz, aber am Ende vergleicht man sich dann doch mehr mit den eigenen Leistungen aus dem Training oder vergangenen Wettkämpfen. Am Ende geht es darum, über sich selbst hinauszuwachsen und für sich das bestmöglichste Ergebnis zu erzielen.
Hat Ihnen der Schießsport auch in anderen Bereichen weitergeholfen?
Jörg Schnitzler: Auf jeden Fall! Es ist in allen Bereichen wichtig, fokussiert und konzentriert zu arbeiten. Angefangene Prozesse müssen zu Ende gedacht und das Ziel nicht vor Augen verloren werden – und vor allen Dingen darf man nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, wenn etwas mal nicht auf Anhieb funktioniert. All das ist auch beim Schießen von großer Bedeutung.
Was sind die schönsten Erinnerungen, die Sie mit der Kronacher Schützengesellschaft und Ihrer Zeit als aktiver Sportschütze verbinden?
Jörg Schnitzler: Mit am schönsten war es, dass ich als recht junger Mensch vorbehaltlos aufgenommen und mit vereinten Kräften unterstützt wurde. Die Vereinsmitglieder haben mich an die Hand genommen, um mich richtig zu trainieren und auszubilden. Die Kameradschaft und das fantastische Miteinander hier im Verein sind neben dem krönenden Erlebnis der bayerischen und deutschen Meisterschaften das Schönste am Vereinsleben – und natürlich ist auch das Freischießen jedes Jahr aufs Neue ein Highlight.
Was erhoffen Sie sich denn vom diesjährigen Freischießen?
Jörg Schnitzler: Ich würde mir wirklich wünschen, dass dieses Freischießen ein harmonisches und friedliches Freudenfest wird. Die Nachbarschaftsstreitigkeiten möchten wir in diesem Jahr hinter uns lassen und auch die Besucher sollen schöne Stunden haben, die nicht von Streitigkeiten oder gar Ausschreitungen überschattet werden. Weiterhin hoffe ich, dass uns auch der Wettergott wohlgesonnen ist und wir unter einem weiß-blauen, bayerisch-fränkischen Himmel feiern dürfen.
Das Interview führte unsere Redakteurin Daniela Pondelicek.