Deutscher Honig ist so beliebt wie nie zuvor. Die Deutschen Imkerverbände konnten sich im Jahr 2018 um einen Mitgliederzuwachs von zwei Prozent freuen. Aber dennoch ist die deutsche Honigbiene stark bedroht. Laut BUND Naturschutz sind 54 Prozent aller Bienenarten gefährdet oder bereits ausgestorben. In Bayern wurde deshalb das „Volksbegehren Artenvielfalt – Rettet die Bienen!“ durchgeführt, damit die bayerische Gesetzeslage zum Schutz der heimischen Tierarten und insbesondere zum Schutz der Bienen verändert wird. Auch in Thüringen wird das Naturschutzgesetz gerade überarbeitet. Wie es um die Bienenbestände in unserer Region bestellt ist und was geschehen muss, damit die Bienen vor dem Aussterben bewahrt werden, hat uns Steffen Auerswald, Mitglied des Imkervereins Sonneberg, im Interview verraten.

Herr Auerswald, wann haben Sie das Imkern für sich entdeckt und warum?

Steffen Auerswald: Schon als Kind habe ich meinem Vater beim Imkern über die Schulter geschaut. Seitdem der Imkerverein Sonneberg im Jahr 1998 wiedergegründet wurde, bin ich selbst in meiner Freizeit als Imker tätig.

In Deutschland können sich die Deutschen Imkerverbände über steigende Mitgliederzahlen freuen. Zeigt sich dieser Trend auch in unserer Region?

Steffen Auerswald: In Sonneberg auf jeden Fall! Unser Imkerverein hat mit 21 Mitgliedern angefangen und zählt nun sogar 39 Mitglieder – das ist eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass andere Vereine mit rückläufigen Mitgliederzahlen und fehlendem Nachwuchs zu kämpfen haben.

Warum ist das Imkern Ihrer Meinung nach so beliebt?

Steffen Auerswald: Bio-Produkte und insbesondere regionale Produkte liegen schon seit längerem im Trend – und dazu gehört eben auch der selbst hergestellte Honig. Das Naturbewusstsein der Bevölkerung steigt immer mehr. Und das auch in den Städten, denn es gibt mittlerweile sogar Stadtimker. Außerdem tut es der Bewegung ebenfalls gut, dass in den Medien und der Presse momentan viel über Artenschutz diskutiert wird.

Albert Einstein soll einmal gesagt haben, dass der Mensch nur noch vier Jahre zu leben hat, falls die Biene aussterben sollte. Stimmen Sie ihm zu?

Steffen Auerswald: Ja, auf jeden Fall! Bienen sind schließlich weitaus mehr als nur Honiglieferanten. 80 Prozent aller Pflanzen müssen durch Bienen und Hummeln bestäubt werden. Stirbt die Biene aus, verlieren wir Menschen unsere Nahrungsgrundlage.

Stimmt es, dass die Biene dennoch stark bedroht ist?

Steffen Auerswald: Das ist richtig – auch die anhaltende Beliebtheit des Imkerns kann der Biene derzeit nicht helfen.

Warum ist das so?

Steffen Auerswald: Der Biene wird die fehlende Artenvielfalt zum Verhängnis. Ihnen geht sozusagen die Nahrung aus: Eigentlich finden sie in großen Mengen nur noch den Raps, und der ist schnell verblüht – für die weiteren Sommermonate gestaltet sich die Nahrungssuche für die Bienen schwierig.

Was kann jeder einzelne dafür tun, dass die Bienen genug Nahrung finden?

Steffen Auerswald: Artenvielfalt fängt im eigenen Garten an. Dort ist seit vielen Jahren ein einfacher, regelmäßig gemähter Rasen beliebt – dort wachsen aber keine Blumen, die den Bienen als Nahrung dienen könnten. Blumenwiesen, auf denen die verschiedensten Blumen zu unterschiedlichen Zeiten blühen, sind im Gegensatz dazu extrem bienenfreundlich. Auch Obstbäume sind für die Bienen eine Wohltat. Bei der Wahl der Bäume können übrigens auch die Stadtplaner den Bienen helfen: Stadtalleen mit Linden oder Kastanien wären deutlich bienenfreundlicher als Eichen oder Buchen. Das hilft am Ende auch nicht nur den Bienen, sondern auch den Hummeln.

Wie steht es derzeit um die deutschen Bienenbestände – und insbesondere um die Völker im Landkreis Sonneberg sowie im Coburger und Kronacher Land?

Steffen Auerswald: Die Anzahl der Völker in unserer Region ist zum Glück konstant geblieben – allerdings gibt es trotzdem Grund zur Sorge. Die Völker selbst sind um 15 Prozent geschrumpft. Die so genannte Varroamilbe ist Schuld daran. Sie einer der gefährlichsten Feinde, die die Biene im Moment hat – alle anderen Krankheiten, die den Bienen bislang zugesetzt haben, sind weitestgehend bekämpft.

Was kann ein Imker denn tun, um sein Bienenvolk gegen die Varroamilbe zu schützen?

Steffen Auerswald: In der Praxis hat sich derzeit die Ameisensäure als wirksames Mittel bewährt. Den Bienen schadet sie nicht, aber die Milben werden an ihrer Verbreitung gehindert. Es wird aber immer noch nach weiteren Mitteln gegen die Varroamilbe gesucht.

In Bayern ist per Volkentscheid auf Artenvielfalt und den Schutz der Bienen aufmerksam gemacht worden – ist das Ihrer Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung?

Steffen Auerswald: Die Volksabstimmung hat definitiv das Bewusstsein der Bevölkerung geschärft und sowohl Bürger als auch Politiker zum Nachdenken angeregt. Wie Bayern nun die Forderungen des Volksbegehrens konkret umsetzt, wird federführend sein – und hoffentlich werden alle anderen Bundesländern da mitziehen.

Auch in Thüringen wird momentan an einem neuen Naturschutzgesetz gearbeitet. Welche Probleme müssten mit dem neuen Gesetz unbedingt angegangen werden?

Steffen Auerswald: Es müsste gerade im Hinblick auf den so genannten „Öko-Strom“ ein Umdenken passieren. Denn besonders zur Produktion vom Öko-Strom werden riesige Felder mit Mais und Raps angebaut – aber diese Monokulturen in der industriellen Landwirtschaft sind der Tod der Artenvielfalt. Also kann man sagen, dass der „Öko-Strom“ in dieser Hinsicht eigentlich gar nicht umweltfreundlich ist. Subventioniert wird er aber dennoch.

Wie müsste die Landwirtschaft stattdessen aussehen, damit die Bienen genügend Nahrung finden?

Steffen Auerswald: Statt der großen Monokulturen zur Herstellung von Öko-Strom sollten die Bauern finanziell unterstützt werden, die kleinflächig anbauen. Sie bringen Abwechslung und Struktur in die Landschaft und bieten somit den Bienen mehr Möglichkeiten, Nahrung zu finden. Zwischen den kleinen Anbauflächen sollte es auch immer Blühstreifen an den Seiten geben. Außerdem sollten die Landwirte stärkere Absprachen mit uns Imkern treffen: Wir wissen, wann Blütezeit ist und unsere Bienen besonders emsig auf der Suche nach Nahrung sind. In dieser Zeit sollten auf keinen Fall Pestizide eingesetzt werden.

Welche Eigenschaften muss jemand haben, wenn er unbedingt Imker werden möchte?

Steffen Auerswald: Das Schöne am Imkern ist, dass es wirklich jeder erlernen und beherrschen kann. Eigentlich gibt es nur eine Voraussetzung, die erfüllt sein muss: Er sollte nicht gegen Bienen allergisch sein, da es sein kann, dass er das ein oder andere Mal gestochen wird.

Wie sieht denn so ein Jahr für Biene und Imker aus?

Steffen Auerswald: Das „Bienen-Jahr“ beginnt und endet im August. Hier wird der Grundstein für das kommende Jahr gelegt: Die bestehenden Völker werden „eingefüttert“, das heißt, sie bekommen Zuckerwasser als Nahrung, um den Winter zu überstehen. Außerdem werden sie jetzt gegen die Varroamilbe behandelt, damit sich diese nicht ausbreiten kann. Von November bis Januar ruht dann das Volk und wird mit Oxalsäure behandelt, damit es gesund bleibt. Im Januar und Februar strecken die Bienen das erste Mal wieder ihre Fühler aus und begeben sich auf Reinigungsflüge, um ihre Kotblasen zu entleeren. Hier bietet sich eine Reinigung der Bienenstöcke an. Wenn sich im März dann die ersten Sonnenstrahlen blicken lassen, wird das Bienenvolk schließlich aktiv. Aus der Königin und etwa 20.000 Bienen werden 60.000 bis 80.000 Bienen. Zwei bis drei Mal kann man bis zum nächsten August Honig ernten – und bekommt je nach Blütezeit beispielsweise einen Waldblüten- oder Rapshonig.

Welche Tipps würden Sie jemandem geben, der mit dem Imkern anfangen möchte?

Steffen Auerswald: Als Neueinsteiger empfiehlt es sich, zuerst einmal einem erfahrenen Imker über die Schulter zu blicken und ihn längere Zeit bei seiner Arbeit zu begleiten – als Zeitraum würde ich tatsächlich zwei Jahre ansetzen, denn dann hat der Neueinsteiger gesehen, wie die „Bienen-Jahre“ so ablaufen und welche Schwierigkeiten auftreten können. Hat er die Erfahrung gesammelt, könnte er mit zwei bis drei eigenen Völkern starten. Außerdem lohnt es sich, sich bei der Mitwitzer Imkerschule Tipps zu holen, denn die leisten hervorragende Arbeit.

Das Interview führte unser Chefredakteur Martin Backert. Text: Daniela Pondelicek