30 Jahre erfolgreiche Lokalpolitik – Gerhard Preß wird am 28. April offiziell verabschiedet

Der Rödentaler Bürgermeister Gerhard Preß beendet zum Ende April seine berufliche Laufbahn. Geboren in Thiersheim, wo er natürlich noch nie etwas von Rödental gehört hatte, absolvierte er nach seiner Schulzeit eine Verwaltungsausbildung beim Landratsamt in Wunsiedel und schloss diese als Jahrgangsbester ab. Über Coburg kam er 1972 nach Rödental und trat 1984 die Nachfolge von „Urgestein“ Bürgermeister Ferdinand Fischer an. Bei seiner ersten Wiederwahl erhielt Gerhard Preß die Zustimmung von 98 Prozent der Bevölkerung. Mit 66 Jahren und einer 30-jährigen Tätigkeit als Bürgermeister von Rödental geht Preß nun in den Ruhestand – doch wie man ihn kennt, wird es eher ein „Unruhestand“. Ein „Opabürgermeister“ wird er nur für Enkel Julius sein, der sich schon darauf freut, den Opa öfter bei sich zu haben.

Lieber Gerhard Preß, Udo Jürgens hat in seinem bekannten Lied deklariert, „mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“. So kann man das bei Ihnen nicht sehen, es sei denn, man ergänzt „da fängt das Privat-Leben an“.
Gerhard Preß: Ja, es wird wesentlich mehr Privatleben und Zeit für Familie, Enkel Julius, für Hobby und Reisen geben. Aber ich bin in der kommenden Zeit noch in einigen Spitzengremien in München und Berlin, der Ausstieg ist also nicht abrupt! 

Mit Marco Steiner haben Sie ja nicht unbedingt Ihren favorisierten Nachfolger. Steiner hat aber etwa das Alter, mit dem Sie die Geschicke der Stadt übernahmen. Was geben Sie dem jungen Mann mit auf den Weg?
Gerhard Preß: Da ich Bürgermeister aller Bürger/-innen war und bin, habe ich mich im Wahlkampf objektiv verhalten. Alle drei Kandidaten hatten bzw. haben die Eignung. Der Wähler hat entschieden, mein Nachfolger wird eigene Ziele verfolgen und seinen eigenen Stil finden müssen. An der Erfüllung der vielfältigen Aufgaben wird er von uns Röden- taler/-innen gemessen werden.

Sie haben in Ihrer 40-jährigen Tätigkeit als Kommunalbeamter, erst als Kämmerer, dann als Bürgermeister in der Stadt Rödental viel bewegt und umgesetzt. Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind?
Gerhard Preß: Natürlich bin ich dankbar, dass ich bei fünf Wahlen zwischen 62 % und 95 % Zustimmung erhalten habe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit jeder Wahlzeit auch Bürger/innen verärgert sind, bei denen man aus Gleichheitsgründen nicht in ihrem Sinne entscheiden konnte. Stolz bin ich auf die gemeinsame Leistung mit der fleißigen Bevölkerung, den innovativen Unternehmen, dem Handel, dem Gewerbe und dem Handwerk, der konstruktiven Arbeit des Stadtrates, der fachkundigen Verwaltung und des groß-artigen ehrenamtlichen Einsatzes vieler Mitbürger/innen. Wir alle haben Rödental zur jüngsten Stadt Oberfrankens, zum attraktiven Mittelzentrum einer lebens- und liebenswerten Kleinstadt geformt, die einen guten Ruf in Oberfranken, in Bayern und beim Bund genießt.

In Ihrer Tätigkeit als Bürgermeister haben Sie es immer wieder verstanden, die Anliegen der Stadt Rödental an den höchsten Stellen der Landes- und gar der Bundespolitik vorzustellen. Zahlreiche Politiker besuchten Rödental, darunter Franz Josef Strauß, Edmund Stoiber, Günther Beckstein und Horst Seehofer. Sogar eine Bundesratssitzung wurde in Rödental abgehalten. Hat Ihnen dieses Netzwerk geholfen, Rödentaler Interessen umzusetzen?
Gerhard Preß: Als langjähriger Staatsbeamter an den Landratsämtern Wunsiedel, Ebermannstadt und Coburg, vor allem aber in den Jahren bei der Regierung von Oberfranken, konnte ich Kolleginnen und Kollegen kennenlernen, die später in Schlüsselpositionen in Bayreuth und in München tätig waren bzw. noch sind. Deshalb konnte ich bereits zu Beginn meiner Arbeit in Rödental als Kämmerer die Verbindungen nutzen. Als Erster Bürgermeister habe ich dieses „Netzwerk“ noch verbessert und natürlich auch nachhaltig gepflegt. Dies und die Mitgliedschaft in verschiedenen Spitzenverbänden bzw. Gremien haben zu frühzeitigen Informationen geführt, die letztlich zum Vorteil unserer jungen Stadt – auch in finanzieller Hinsicht – geführt haben. Insgesamt 241 Einträge ins Goldene Buch der Stadt Rödental in meinen 30 Dienstjahren bestätigen diese Besuche von Spitzenpolitikern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Nach der Absage von Wassertrüdingen (Landkreis Ansbach) war die oberfränkische Stadt Rödental als Standort für eine geplante Christus-Statue im Gespräch. Das hat Ihnen bundesweit Schlagzeilen eingebracht.
Gerhard Preß: Die Christus-Statue hätte ich gerne umgesetzt. So wie unsere christlichen Kirchen wäre die Statue auch ein wichtiges Symbol unseres christlichen Abendlandes und dazu noch eine Attraktion gewesen, die sicher auch Gäste ins Coburger Land gelockt hätte.

Gibt es eigentlich den schon „legendären“ Stuhl von Franz Josef Strauß noch?
Gerhard Preß: Als Ministerpräsident Franz-Josef Strauß im September 1986 den Froschgrundsee einweihte, gab es auch eine Sitzung des Bundesrats, die Franz-Josef Strauß als Bundesratspräsident leitete. Wegen seines „Rückens“ wurde der Stuhl beschafft und seit dem dient er mir als Sitzplatz bei allen Sitzungen in unserem Sitzungssaal.

Mit Ihrer Hilfe verfügt Rödental heute über einen Autobahnanschluß. Wird auch der diskutierte ICE-Halt im Bereich Rödental angelegt?
Gerhard Preß: Ich habe vehement für die Autobahn A 73 im Osten Coburgs gekämpft (es gab auch eine Variante westlich über Weitramsdorf/Ahorn). Und dazu noch in der Größenordnung von 51 Mio. € auch die Umgehungsstraße mit umsetzen können. Frühzeitig habe ich mich für einen Bahnhof „Coburger Land“ zwischen Dörfles-Esbach und Rödental mit Parkplätzen, Anschluss an die A 73 und die B 4 und verbunden mit den Stadtbuslinien Coburg und Rödental ausgesprochen. Aber letztlich hat sich die Stadt Coburg mit einem Halt am Bahnhof Coburg durchgesetzt. Für mich die falsche Entscheidung, mit der wir in Zukunft leben müssen – langfristig wohl ohne ICE-Halt?! 

Wie wird der Alltag von Gerhard Preß ab dem 1. Mai aussehen? Freut sich Ihre Familie schon auf mehr Freizeit von Ehemann, Vater und Großvater?
Gerhard Preß: Natürlich freuen sich meine Frau und die Familie auf mehr gemeinsame Zeit. Dafür wünsche ich mir Gesundheit, verfolge das Geschehen in unserer Stadt und Region aufmerksam und denke aber auch gerne an die aktive Zeit in der Kommunalpolitik, die ich mit Leidenschaft betrieben habe, zurück. Ein Abschied ist immer auch ein neuer Anfang.

Lieber Gerhard Preß, wir danken nicht nur für dieses Gespräch, sondern auch für eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen über Jahre hinweg.
Wir wünschen Ihnen einen Ruhestand, wie Sie sich ihn gestalten möchten. 
Ihr amadeus-Team