
Das Jahr 2012 war für den einzigen Spielwarenhersteller PIKO aus der Stadt Sonneberg wieder ein erfolgreiches Geschäftsjahr.
Wie Geschäftsführer Dr. Renè F. Wilfer wenige Tage vor der Nürnberger Spielwarenmesse in einer Pressemitteilung er-klärte, konnte das Sonneberger Unternehmen mit weltweit 580 Mitarbeitern, davon 172 am Standort Sonneberg, ein zweiprozentiges Umsatzplus gegenüber dem Vorjahresergebnis verzeichnen.
Somit hat die PIKO Spielwaren GmbH ihre positive Entwicklung auch im 20. Jahr weitergeführt und ihre Position als drittgrößter Modellbahnhersteller im deutschen Raum nicht nur festigen sondern sogar ausbauen können. Dabei stellt das Traditionsunternehmen auch eine wichtige Größe im weltweiten Modellbahnmarkt dar.
Obwohl das Exportgeschäft gegenüber dem Geschäftsjahr 2011 leicht rückläufig war, konnte ein zehnprozentiger Zuwachs im Inlandgeschäft durch den deutschen Fachhandel verzeichnet werden.
amadeus sprach mit Dr. Renè F. Wilfer nach der Spielwarenmesse über die Zukunft des Spielzeugs.
Herr Dr. Wilfer, war die Spielwarenmesse für Ihr Unternehmen erfolgreich?
Wir konnten gute Gespräche mit unseren Kunden führen. Dazu konnten wir auch eine gute Stimmung bei den Einkäufern aus dem Fachhandel verspüren.
Auf Grund der geführten Gespräche mit unseren wichtigsten Kunden können wir uns auf ein gutes Geschäftsjahr 2013 freuen. Dazu möchte ich aber auch sagen, dass die Nürnberger Spielwarenmesse, die ja noch vor einigen Jahren eine reine Ordermesse war, dieses nicht mehr ist.
In Nürnberg kommen jetzt unsere Kunden nur noch, um sich zu informieren, die Neuheiten zu sehen und gute Gespräche zu führen. Bestellt wird während des Jahres, wie die Nachfrage bei den Endverbrauchern ist.
Werden unsere Kinder in Zukunft auch noch mit Spielzeugeisenbahnen spielen oder geht der Trend weiter hin zu Sammlerobjekten?
Ich bin überzeugt, dass unsere Kinder auch in Zukunft noch mit Spielzeugeisenbahnen spielen werden. Jedoch hat sich hier der Trend ganz klar zu den größeren Gartenbahnmodellen hin verschoben. Mit unseren Startersets in H0 und eben im Gartenbahnbereich konnten wir in den letzten Jahren gute Umsätze erzielen. Genau in diesen Bereichen werden wir auch zukünftig stark investieren.
Welche Neuheiten präsentierte PIKO in Nürnberg und wie war die Resonanz?
Mit über 300 Neuheiten hatten wir eine enorme Präsentation für unsere Kunden. Hier alle aufzuzählen würde den Rahmen sprengen.
Unsere wichtigsten waren im Gartenbereich die Dampflok BR 64, auch „Buby-Kopf“ ge-nannt, mit weiteren zwei ame-rikanischen Personenwagen. Im H0 Bereich die „V200“, eine Diesellok der DB und die BR 130 und speziell für unseren russischen Markt die BR 770.
Letzte ist übrigens die in Tschechien für die Russische Bahn meist gebaute Diesellok der Welt mit über 20.000 Stück. Im N Bereich präsentierten wir die BR 440 und im TT-Bereich die Lok den Triebzug Talent und die BR 110 der DR und die Diesellok BR 118. Diese gibt es dazu noch in zahlreichen Farbvarianten.
23 Jahre nach der Wiedervereinigung sind Sie eines der wenigen Unternehmer, die am Standort Sonneberg noch Spielwaren produzieren, wird diese Tendenz weiter rückläufig sein?
Wir sagen auch weiterhin ja zum Standort Sonneberg. Hier haben wir unser Know-how und unsere engagierten Mitarbeiter: von der Produktion über die Entwicklung bis zur Verwaltung. Jedoch müssen auch wir im Ausland einen Teil unserer Produkte produzieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Aber dieses kommt dem deutschen Standort natürlich zugute.
Bringt der Standort Deutschland, insbesondere Thüringen und Sonneberg, im Bereich der Energiekosten Wettbewerbsvorteile?
Besonders die Abgaben für die so genannten „Erneuerbaren Energien“, welche auf den Strompreis umgelegt werden, sind im internationalen Vergleich für unser, aber auch alle deutschen Unternehmen unvorteilhaft.
Wir haben durch diese zusätzlichen Kosten ganz klare Wettbewerbsnachteile, die sich nicht auf unsere Waren umschlagen lassen. Das heißt für die Unternehmen weniger Gewinn und für die Kommunen natürlich weniger Steuereinnahmen. Das sollten sich unsere Politiker einmal besser überlegen.
Das Thema Fachkräftefindung ist bei vielen regionalen Unternehmen ein wichtiger Punkt. Haben Sie auch Probleme geeignetes Personal zu finden? Kann man heute überhaupt noch wirtschaftlich Spielwaren am Standort Deutschland herstellen?
Auch wir haben seit einiger Zeit das Problem gute Mitarbeiter zu finden. So konnten wir im letzten Jahr in unserer Verwaltung den ausgeschrieben Ausbildungsplatz nicht belegen, weil wir keinen geeigneten Bewerber gefunden haben. In den nächsten Jahren wird es immer schwerer werden passendes Personal hier zu finden. Um zukünftig aber preislich auf dem Weltmarkt mithalten zu können, bleibt uns keine andere Wahl um Teilproduktionen in kostengünstigere Länder auszulagern.
Hat die Eurokrise Auswirkungen auf Ihr Unternehmen?
Nicht unbedingt. Da wir nur einen kleinen Prozentsatz unseres Umsatzes in den Südländern von Europa tätigen hatte die Eurokrise weniger Auswirkungen auf unser Unternehmen.
Hat sich der „ehemalige Ostblock“ zu einem neuen Kundenpotential für Ihr Unternehmen entwickelt oder wo sind ihre Hauptabsatzmärkte?
Speziell in den nächsten Jahren sehen wir gerade den Russischen Ländern und China aber vor allem in den USA gute Wachstumsmöglichkeiten. Wir haben uns speziell für diesen Markt angepasst und unser Sortiment umfangreich dahin erweitert. Das zeigt, dass wir seit diesem Jahr mit der BR 770 speziell für den russischen Markt Spielzeugloks herstellen.
Fast jeder kennt Sie, ob Altbundeskanzler Gerhard Schröder oder Angela Merkel, liegt das auch an Ihren ausgefallenen Brillen?
Die Marke PIKO ist bestens im Bewusstsein der Menschen. Dieses ist gerade in unserem hartumkämpften Markt, der ein reiner Verdrängungsmarkt geworden ist, ein wichtiger Baustein, um erfolgreich zu agieren. Ich glaube uns würden heute nicht so viele Menschen kennen, wenn ich die Brillen nicht hätte.
Ein Blick aus Ihrer Sicht in die Zukunft: Wo wird PIKO im Jahr 2020 stehen?
Ja, wo steht PIKO in 10 Jahren? In unserem 10-Jahres-Plan haben wir eine Umsatzverdopplung vorgesehen. Diese können wir bei leicht steigendem Inlandsumsatz nur mit wachsenden Umsätzen im Exportgeschäft erreichen. Hier wollen wir gerade in den USA und China, wie auch in Russland, unser Geschäft weiter forcieren. Im Inland wird es vermutlich ein reiner Verdrängungswettbewerb werden. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft von PIKO gestellt, dazu werden wir weiterhin zahlreiche, wichtige Investitionen tätigen.
Herr Dr. Wilfer, wir danken Ihnen für das Gespräch.
M. Backert