Neujahrsempfang der Stadt Sonneberg – Prof. Bernhard Vogel begeisterte mit seiner Festansprache

Menschenverachtend, abseits jeglicher Humanität, verbreiten religiöse Fanatiker Angst und Schrecken. Diese Spirale der Gewalt muss gestoppt werden. Wir – eine weltoffene Stadt – sind darauf angewiesen, dass Religionen und Kulturen friedlich zusammenleben. Und wir dürfen auch nach solchen feigen Attentaten Religionen nicht einseitig verurteilen, vor allem, wenn sie von Terroristen missbraucht werden.

Mit diesen sehr ernsten Worten, die sich rückblickend auf das Attentat von Paris bezogen, eröffnete Sonnebergs Bürgermeisterin Sibylle Abel den Neujahrsempfang der südthüringischen Spielzeugstadt. Sie wies darauf hin, dass auch „in unsere Stadt viele Flüchtlinge kommen, die Schreckliches hinter sich und alles verloren haben. Öffnen wir ihnen unsere Herzen, begegnen wir ihnen mit Respekt und Toleranz“. Miteinander, so Sibylle Abel, ist allemal besser als gegeneinander.

Begrüßen konnte die Bürgermeisterin neben zahlreichen Gästen auch den Festredner und ehemaligen Thüringer Ministerpräsident Prof. Dr. Bernhard Vogel sowie die beiden Oberbürgermeister der Partnerstädte Göppingen und Neustadt/C., Guido Till und Frank Rebhan.

Wiedereröffnung des Deutschen Spielzeugmuseums

Abel blickte auf das vergangene Jahr zurück und zeigte auf, dass viel erreicht werden konnte. So unter anderem die Wiedereröffnung des Deutschen Spielzeugmuseums. Für den ersten Bauabschnitt hat die Stadt Sonneberg aus ihrem Kontingent der Städtebaufördermittel 3,2 Millionen Euro beigetragen. Diese Förderung hat sich gelohnt, denn damit sind die Voraussetzungen um das Deutsche Spielzeugmuseum ins 21. Jahrhundert zu führen, geschaffen worden, so Abel. Auch konnte das Stadion umgestaltet werden mit einer neuen Leichtathletik-Anlage, die auch für den Schulsport genutzt werden soll. Als ein kulturelles Highlight des vergangenen Jahres bezeichnete Sibylle Abel das Stadt- und Museumsfest, das wieder tausende Besucher in die Stadt holte mit seinen Attraktionen, wie unter anderem die weltbekannte Hochseiltruppe der Geschwister Weisheit.

Auch für Sonneberg – wie für ganz Deutschland, gab es im vergangenen Jahr ein Jahrestag zu feiern. 25 Jahre Grenzöffnung. Die Wiedervereinigung vor einem viertel Jahrhundert wird in diesem Jahr bundesweit groß gefeiert. „Wir werden die Erinnerungen an die Novembertage 1989 wach halten und ein Vergessen oder ein Verfälschen nicht zulassen“, so die Bürgermeisterin und ergänzte „es begann ein neuer Zeitabschnitt für die Stadt Sonneberg und ihre Einwohner, die einer Zukunft in Freiheit entgegenblickten“.

Besonders erfreut zeigte sich Sibylle Abel über die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und des Landkreises Sonneberg. Die Zahl der Arbeitnehmer, die in Sonneberg tätig sind, stieg auf über 12.000, auch ist die Arbeitslosenquote auf dem niedrigsten Stand – und das nicht nur in Thüringen. Sie freute sich, hier bei ihrem Jahresrückblick noch einmal den Sonneberger Unternehmen gratulieren zu können, die im Jahresverlauf hohe Ehrungen und Auszeichnungen erhalten haben.

Etwas auf die Euphoriebremse treten musste Sibylle Abel aber bei den Aussichten auf das neue Jahr. Sie sprach sowohl die Novellierung des Finanzausgleichs des Freistaates wie auch die rückläufigen Steuereinnahmen an. „Wir werden 2015 weitere Stabilisierungsmaßnahmen für den Haushalt zu diskutieren und die Unterstützung durch das Land zu hinterfragen haben“, so Abel und relativierte „eine positive Einstellung zur Lösung eines Problems ist bereits der halbe Erfolg“. Ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern gibt Sibylle Abel für das Jahr 2015 mit auf den Weg: Kommune heißt Gemeinschaft. Sie funktioniert am besten, wenn sich viele daran beteiligen.

Scheinbar unlösbare Probleme gemeistert

Der ehemalige Ministerpräsident des Freistaats Thüringen, Prof. Bernhard Vogel wurde von den zahlreichen Gästen im Gesellschaftshaus mit standing ovations begrüßt. Vogel dankte in seiner Festrede den Städten Göppingen, Neustadt bei Coburg und Sonneberg für etwas eher Ungewöhnliches, nämlich für die deutsch-deutsche Städtepartnerschaften, und bat um Fortsetzung dieser Beziehungen: „Wir haben uns noch viel zu erzählen, und wir haben noch viel gemeinsam zu tun.“ 30 Prozent der Deutschen seien nach 1980 geboren, für diese Generation sei die Wiedervereinigung Geschichte. 70 Prozent der Deutschen aber seien in völlig unterschiedlichen Systemen aufgewachsen, und dafür hätten die Deutschen schon vieles erreicht. Thüringen habe heute zum Beispiel eine niedrigere Arbeitslosenquote als Nordrhein-Westfalen, so Vogel. Auf das Erreichte sollten wir mit Freude und Dankbarkeit blicken, nicht mit Neid, meinte der in Speyer lebende frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz (1976 bis 1988) und Thüringen (1992 bis 2003). Die Zukunftsaufgabe heiße, die Lebensverhältnisse zwischen über- und unterdurchschnittlich entwickelten Gebieten anzunähern. „Das muss nicht immer Hilfe von West nach Ost bedeuten, das kann auch von Nord nach Süd sein.“ Aus den gegenwärtigen Herausforderungen in der Welt könne sich das wiedervereinte Deutschland nicht heraushalten, meinte Vogel und sprach ausdrücklich den anonymen Terror, der den Krieg ersetzt habe, an. Die friedliche Revolution 1989 habe aber gezeigt, dass auch scheinbar unlösbare Probleme gemeistert werden können. Nicht ganz unkritisch beschrieb der 82-jährige Vogel seinen Blick auf die Landtagswahl in Thüringen. „Die Vorstellung, dass in meinem Dienstzimmer, das ich in der Staatskanzlei in Erfurt eingerichtet habe, einmal Herr Ramelow sitzen könnte, war für mich schockierend“.

 Silberhochzeit der Städtepartnerschaften

Auch die Oberbürgermeister der beiden Partnerstädte, Guido Till, aus Göppingen und Frank Rebhan aus Neustadt blickten zurück auf die vergangenen 25 Jahre ihrer Städtepartnerschaften mit Sonneberg. „Heute, zur Silberhochzeit, können wir auf eine glückliche Städte-Ehe blicken, aus der viele Begegnungen und private Freundschaften erwachsen sind“, so OB Till und Frank Rebhan ergänzte, dass zwischen Sonnebergern und Neustadtern es soviel Eheschließungen in den vergangenen 25 Jahre gegeben habe, wie sonst nirgends entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. che