Weniger Vögel, aber dennoch einige Wintergäste trotz mildem Klima
Von Gerhard Hübner, Naturschutzberater des LBV Coburg (Diplom-Biologe)
„Nach dem ernüchternden ersten Zwischenergebnis am Ende des Zählungswochenendes ab Heiligdreikönig brachten Nachmeldungen von weiteren 100 Teilnehmenden noch eine erhebliche Aufstockung der Bilanz. So waren es am Ende 309 Teilnehmer (nur noch 122 weniger als im Vorjahr), die insgesamt 8177 unserer gefiederten Freunde (minus 3947) in 244 Gärten (73 weniger als 2022) in Stadt und Landkreis Coburg gemeldet hatten. Somit hat sich die nachlassende Mitmachresonanz nach den beiden Corona-Wintern 2021 und 2022 doch wesentlich weniger stark ausgewirkt als in Gesamtbayern, wo die Rückgänge an die 40 Prozent ausmachen.
Statistisch gesehen sind jedoch die Ergebnisse pro „Erfassungseinheit“ Garten relevant: Da ist in Bayern die Anzahl der beobachteten Vögel pro Garten mit 30 um drei Individuen gegenüber 2022 gesunken. Im Coburger Land war der Einbruch vom hohen Letztjahresniveau mit 38 Vögel pro Garten auf aktuell 33 gravierender. Hier ist jedoch ein Blick ins Detail interessant: Im Landkreis fiel dieser Rückgang wesentlich drastischer aus (von 42 auf 35), während im Stadtgebiet der Durchschnittswert sogar von 26 auf 28 angestiegen ist. Hier sind einige Arten wie Erlenzeisig, Schwanzmeise, Elster und Türkentaube überproportional häufiger registriert worden als zuvor.
In der Rangliste der häufigsten Wintervögel auf den Plätzen 1 und 2 steht Gleichklang mit Gesamtbayern – der Haussperling rangiert vor der Kohlmeise.
Trotz des sehr milden Wetters seit dem Jahreswechsel bis zum Zählwochenende sind nordische Wintergäste dennoch nicht ausgeblieben. Im Gegenteil, tatsächlich wurden ein Drittel mehr Bergfinken gemeldet als im Vorjahr und sogar ein Seidenschwanz. Auch der Erlenzeisig war relativ oft in größeren Trupps vor allem im Stadtgebiet gesichtet worden, weshalb er insgesamt im Coburger Land von Rang 10 auf 7 vorgerückt ist.
Dennoch, typische winterliche Schwärme von Wacholderdrosseln (nur 16 gemeldete Vögel insgesamt) und Staren (Rückgang von 565 auf 130 Individuen) blieben zur Erfassungsphase weitgehend aus.“
„Alles eine Frage des Zeitpunkts, denn wäre die Zählung letztes Wochenende mit der Rückkehr von echtem Winterwetter erfolgt, hätten wir zu solchen Arten vielleicht andere Ergebnisse“ sagt Gerhard Hübner von der LBV-Geschäftsstelle Coburg. Ihm war beim Spaziergang am letzten Sonntag ein gewaltiger Schwarm von etwa 100 Wacholderdrosseln aufgefallen, der in die Gärten am Ortsrand von Oberlauter einflog – begleitet von mindestes 40 Staren.
Zuguterletzt eine Kuriosität am Rande: Sogar vier Kraniche wurden als Wintervogel gemeldet. Ein Indiz dafür, dass auch das Zuggeschehen durch die winterlichen Klimawechsel durcheinandergerät.“