
Das 30. Jubiläum der Sonneberger Jazztage ist seit mehreren Monaten Geschichte und es stellt sich die Frage, wie es nach diesem Höhepunkt mit dem traditionsreichen Event weitergehen soll. Dazu hat amadeus mit Peter Wicklein, der künstlerischer Leiter des Festivals ist, gesprochen.
Herr Wicklein, der 30. Geburtstag der Sonneberger Jazztage gehört der Vergangenheit an. Es war ein rauschendes Fest der Jazzmusik, wie fällt Ihre Bilanz dazu aus?
In der Tat war es ein würdiges Jubiläum mit vielen musikalischen Highlights. Wenn ich allein an „Jazz in Concert“ mit Max Mutzke, Nils Wülker und der Thilo Wolf Big Band denke, spüre ich noch heute die Begeisterung der Festival-Besucher für diese geniale Verbindung zwischen Jazztradition auf der einen und ju- gendlich wirkendem Esprit auf der anderen Seite. Das war funky, das war swingend und einfach Entertainment auf höchstem Niveau. So etwas erwartet unser generationsübergreifendes Publikum und dieses musikalische Konzept werden wir auch in der Zukunft konsequent weiterverfolgen. Wer dabei gewesen ist, wird sich besonders an den magischen Moment erinnern, als Überraschungsgast Thomas Quasthoff im Duett mit Max Mutzke den Joe-Cocker-Hit „You are so beautiful“ intonierte. Schon nach wenigen Sekunden stellte sich ein unglaublicher Gänsehauteffekt ein – unvergesslich für alle, die das miterleben durften. Solche Augenblicke motivieren uns für weitere Sternstunden der Jazzmusik in Sonneberg. Aber auch die anderen Veranstaltungen des Jubiläumsfestivals hatten es in sich. Die „Singin‘ Birds“ aus Polen verzückten die Zuschauer mit ihrem Retro-Ausflug in das Amerika der großartigen Swing-Ära, im Auto Center Sonne- berg brannten die Männer von „Hot Cargo“ ein Latin-Feuerwerk erster Güte ab und die sechs „bessren ältren Herrn“ vom „Blamu Jatz Orchestrion“ bewiesen im City-Center Sonneberg vor vollem Haus, dass ihr mit Humor interpretierter Dixieland noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Ausverkauft wie immer war „Have A Good Time“ im Lindenhof Ketschenbach – ebenfalls mit den „Singin‘ Birds“. Die bereits im Statut des Vereins festgeschriebene thüringisch – fränkische Zusammenarbeit zur Förderung der Jazzmusik wird in diesem Falle besonders mit Leben erfüllt. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken für die gute Partnerschaft mit den Organisatoren aus Neustadt. Als sehr positiv hat sich der Umzug unseres Gospel – Konzertes in die Oberlinder Kirche St. Aegidien erwiesen. Im Jahr 2016 bereits zum zweiten Mal dort stattfindend, bin ich des Lobes voll, wie Pfarrer und Gemeinde unser Ab- schlusskonzert der Jazztage helfend begleiten und zu einem großen Erlebnis werden lassen. Besonderen Anteil daran hatten natürlich die sehr professionell auftretenden „Golden Gospel Pearls“, in deren Reihen sich mehrere ausgebildete Opernstimmen befanden. Unbedingt erwähnen möchte ich noch das Schulkonzert mit der „Landesjugendbigband Thüringen“. Dessen Leiter Georg Maus demonstrierte den Gymnasiasten der 8. Klassenstufe auf kurzweilige Weise einige Grundprinzipien der Big – Band – Musik. Das war unterhaltsam, kam bei den Schülern gut an und ist ganz nebenbei eine tolle Ergänzung zum Musikunterricht.
Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass unser Verein im Rahmen der 30. Jazztage mit dem „Kulturpreis der Stadt Sonneberg“ ausgezeichnet wurde, den wir aus den Händen unseres Bürgermeisters Dr. Heiko Voigt entgegennehmen konnten. Hiermit wurde für mich auch die freundschaftliche und kreative At- mosphäre unserer Zusammenarbeit im Verein gewürdigt, ohne die ein solches Event nicht zu stemmen wäre.

Wie entwickelt sich das Festival nun weiter, wie wird die Zukunft aussehen?
Die Zukunft des Festivals hat eigentlich schon längst begonnen. Sie ist von einem Generationswechsel in Publikum und Verein geprägt. Dieser Entwicklung tragen wir Rechnung, indem wir moderneren Stilrichtungen im Programm der Jazztage mehr Raum geben, ohne dabei aber die Jazztradition zu verges- sen. Ich als künstlerischer Leiter weiß um den stilistischen Balance-Akt, der damit verbunden ist. Die „Sonneberger Jazzfreunde“ wollen keine Publikumsgruppe vor den Kopf stoßen, möchten aber zusätzlich neue und jüngere Menschen einladen, un- sere Jazzleidenschaft mit uns zu tei- len. Nur so wird es uns gelingen, die Jazztage für die Zukunft fit zu machen. Für mich und meine Mitstreiter im Verein heißt das weiter offen zu sein für künstlerische Experimente und innovative musikalische Tendenzen. Wie schon gesagt, wir haben damit bereits begonnen: Der musikalische Charakter der Hauptkonzerte im Gesellschaftshaus hat sich verän- dert, man denke nur an Klaus Doldinger oder eben Max Mutzke. Das wird sich 2017 fortsetzen, wenn mit Nils Landgren ein Weltstar der Posaune mit seiner „Funk Unit“ ins Gesellschaftshaus kommt. Die Veranstaltungsreihe „Jazz in der Villa“ bietet nun schon im dritten Jahrgang modern/konzertanten Jazz an und findet damit sehr guten Zuspruch. So gut, dass wir in diesem Frühjahr dank Unterstützung von Bürgermeister Dr. Heiko Voigt mit „Jazz in Rathaus“ eine weitere Konzertreihe dieser musikalischen Ausrichtung etablieren konnten. Die Premiere mit den schwedischen Gitarrenvir- tuosen Ulf & Eric Wakenius und der beeindruckenden Band „Triosence“ aus Deutschland am 05.04.17 war ein voller Erfolg und bestätigt uns die Richtigkeit unseres Weges. Ich könnte hier noch mehr nennen, was unsere Neuerungen allein in diesem Jahr betrifft: Eine Buchlesung mit Siegfried Schmidt – Joos zum Thema Jazz und Stasi, ein Kurt – Weill – Abend mit Pascal von Wroblewsky oder kubanischer Jazz für Schüler. Sie sehen, wir bleiben einfach nicht stehen in unserer Entwicklung und das ist für uns überlebensnotwendig. Wir wollen kreative Potenziale in unserem Umfeld aufspüren und so weitere personelle Ka- pazitäten für unsere Vereinsarbeit erschließen. In diesem Zusammenhang wünschen wir uns mehr Engagement aus der jüngeren Generation und versuchen deshalb, diese Zielgruppe mit mehr jugendgemäßen Angeboten anzusprechen.
Wichtig für unsere weitere Arbeit ist die organisatorische und finanzielle Unterstützung durch Institutionen von Stadt und Landkreis, Helfer, Partner und Sponsoren. Wir wünschen uns, dass sie uns alle erhalten bleiben, weitere sich von unserer Begeisterung für den Jazz anstecken lassen und die erforderlichen Gespräche mit ihnen immer in einer guten Atmosphäre stattfinden mögen. Wir sind ein bedeutender Mosaikstein im Gefüge der Thüringer Jazzmeile und werden unsere guten Beziehungen zu den Organisatoren dieses in Deutschland einzigartigen Verbundes hegen und pflegen. Nicht zuletzt müssen wir die Auswirkungen der von der Thüringer Regierung angedachten Gebietsreform in Betracht ziehen. Wir hoffen auf einen Erhalt der Kreisstadt Sonneberg, müssen uns aber im Verein auch mit den voraussehbar negativen Folgen eines Wegfalls Sonnebergs als Sitz des Landkreises auseinander setzen.
Was planen die „Sonneberger Jazzfreunde“ konkret für 2017?
Ein erstes Ausrufungszeichen haben wir mit der Installation der neuen Veranstaltungsreihe „Jazz im Rathaus“ bereits gesetzt. Am 24.09.17 geht es mit dem Prolog zu den Jazztagen bei „Jazz in der Villa“ weiter. In der Musikschule gastieren dann der schwedische Pianist Jan Lundgren und der finnische Saxophonist Jukka Perko, die als Duo exzellenten Modern Jazz mit skandinavischer Färbung zu Gehör bringen werden. Interessant wird die Buchlesung „Die Stasi swingt nicht. Ein Jazzfan im kalten Krieg“ mit dem Kulturjournalisten und Moderator Siegfried Schmidt – Joos, bekannt als Autor des „Rock – Lexikons“. Besonders freue ich mich auf „Texte & Sounds Vol. 9“ am 02.11.17 mit Pascal von Wroblewsky, die in Personalunion Kompositionen von Kurt Weill und Gedichte von Bertolt Brecht interpretieren wird. Da Pascal ihre ersten Schritte im Jazz als Sängerin bei den „Sonneberger Jazz Optimisten“ getan hat, geht für mich mit diesem Brecht/ Weill – Abend ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Jump n‘ Jive, so lässt sich die Musik der „Jazz Connection“ aus Holland am besten beschreiben. Diese tolle Band spielt am 03.11.17 im Ketschenbacher „Lindenhof“ und am 04.11.17 zum „Saturday Morning“ im City Center Sonneberg. Die Partyzone im Auto – Center Sonneberg am 03.11.17 wird von der deutschen Jazz – Rap – Band „Jazzkantine“ aufgemischt, die mehrfach schon Spitzenplätze in den Album – Charts besetzen konnte.
Höhepunkt des Festivals ist am 04.11.17 der Auftritt der „Nils Land- gren Funk Unit“, mit dem wir die Modernisierung unserer Reihe „Jazz in Concert“ fortsetzen. Der wegen seiner roten Posaune „Mr. Red Horn“ genannte Landgren gilt heute als einer der größten Weltstars im Jazz. Zum Gospelkonzert am 05.11.17 kommen die „Black International Gospel Singers“ aus den USA mit ihrem Leiter Terry Lovique in die Oberlinder Kirche. Latin – Rhythmen von Salsa, Cha Cha Cha, Bossa Nova bis Samba in getrennten Konzerten für Grundschüler und Gymnasiasten wird es am 06.11.17 geben eine weitere Möglichkeit, Jugendliche mit gezielten Angeboten für den Jazz zu begeistern.
Da wir vorhin über die Zukunft der Jazztage sprachen: Es laufen jetzt schon die Planungen für 2018, wir denken also weit voraus. Soweit die Rahmenbedingungen es zulassen, werden wir auch weiterhin internationalen Spitzenjazz mit der größtmöglichen stilistischen Bandbreite nach Sonneberg holen.
Gespräch: Fred Ulbricht
Der Kartenvorverkauf für die 31. Jazztage startet am 1. August. Weitere Informationen unter www.son-jazz.de