Aufgrund der zunehmenden Engpässe bei der haus- und fachärztlichen Versorgung im Landkreis Sonneberg wendet sich Landrat Robert Sesselmann an die Landespolitik.
Im Landkreis Sonneberg zeichnet sich ein zunehmend akutes Problem bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung im niedergelassenen Bereich ab. Mehrere Arztpraxen haben zuletzt schließen müssen, da die langjährig niedergelassenen Medizinerinnen und Mediziner, die in verdienten Ruhestand gehen, keine Nachfolger gefunden haben. Viele Bürgerinnen und Bürger haben hierdurch ihre bewährte allgemeinmedizinische Praxis bzw. Facharztpraxis verloren. Aufgrund der Altersstruktur unserer niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte droht sich diese angespannte Lage in den kommenden Jahren noch weiter zu verschlechtern.
Die zunehmenden Engpässe führen bei vielen Menschen, darunter zahlreiche ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die unter anderem auch für die Ausstellung von Rezepten auf eine stete ärztliche Begleitung angewiesen sind, zu großen Nöten und Sorgen. Viele von ihnen wenden sich hilfesuchend an den Landkreis, der im Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung jedoch keine echte Handhabe hat. Um für die Bevölkerung angesichts der angespannten Lage dennoch etwas zu tun, hat sich Landrat Robert Sesselmann an die Landespolitik gewandt. In einem Schreiben an die Thüringer Gesundheitsministerin sowie an die Fraktionsvorsitzenden des Thüringer Landtags adressiert er die gegenwärtigen Probleme und drängt auf wirkungsvolle Maßnahmen durch die Landespolitik. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen und der Landkreistag wurden über die Situation vor Ort informiert und um Hilfe gebeten.
„In unserem Landkreis Sonneberg droht insbesondere im ambulanten Bereich eine prekäre Versorgungslücke zu Lasten unserer Bevölkerung. Das zieht für unsere Betroffenen enorme Sorgen und Probleme nach sich und wirkt sich darüber hinaus auch negativ auf die Lebensqualität im ländlichen Raum aus. Es braucht jetzt dringend zielgerichtete Maßnahmen, um die medizinische Versorgung im Landkreis Sonneberg durch die effektive Suche von Praxisnachfolgern sowie die Ansiedlung von niedergelassenen Ärzten wirksam zu fördern und aufrechtzuerhalten. Aus kommunaler Sicht braucht es eine deutliche Verstärkung der Initiativen von Seiten der Bundes- und Landespolitik, die in enger Kooperation mit der Ärzteschaft umgehend gegensteuern muss, um die Unterversorgung bei den Haus- und Facharztpraxen abzuwenden. Für die Zukunft lebenswerter ländlicher Regionen ist die wohnortnahe, flächendeckende und qualifizierte ärztliche Versorgung in ambulanten und stationären Einrichtungen entscheidend“, macht Landrat Robert Sesselmann deutlich.
Zur Problematik hat sich das Büro des Landrates auch bereits an den Regionalstellenbeirat der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (KVT), vertreten durch den Vorsitzenden, Dr. Christian Franke, gewandt. Dieser kann bestätigen, dass es durch die Bundes- und Landespolitik dringenden Handlungsbedarf gibt, um die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung effektiver zu unterstützen.
Dr. Christian Franke: Ohne bessere Rahmenbedingungen droht Praxenkollaps
„Die angemahnten Probleme bahnen sich leider seit Langem an. Die Praxisteams in unserem Landkreis sind gerne für unsere Patientinnen und Patienten da und wollen dies auch in Zukunft sein. Sie arbeiten jedoch tagtäglich an ihrer Leistungs- und Kapazitätsgrenze. Die gegebenen Rahmenbedingungen und hohen Risiken für die Einzel- und Gemeinschaftspraxen müssen dringend verbessert werden“, ergänzt Dr. Christian Franke.
Der Vorsitzende des Regionalstellenbeirates der KVT verweist weiter darauf, dass die derzeitigen Probleme ein flächendeckendes Problem seien. Sie drohen landes- und bundesweit zu kritischen Versorgungslücken in der ambulanten medizinischen Versorgung zu werden, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht im Sinne der Praxisteams, d.h. der klein- und mittelständischen ärztlichen Unternehmen, grundsätzlich bessern. „Bundesweit fordern die Vertragsärzte eine tragfähige Finanzierung, die insbesondere die Inflation, Kostensteigerungen und eine angemessene Lohnsteigerung für medizinische Fachangestellte berücksichtigt, die Abschaffung der Budgetierung, gleiche Spielregeln für Kliniken und Praxen bei der Ambulantisierung, eine sinnvolle und nutzenbringende Digitalisierung – keine Zwangseinführung von dysfunktionalen Systemen, bessere Weiterbildungsförderung für zukünftige Ärztinnen und Ärzte in den Praxen, massiver Abbau der Bürokratie und ein Aus für die Wirtschaftlichkeitsprüfungen oder Arzneimittelregresse. Für die ambulante Versorgung steht es buchstäblich fünf vor zwölf. Die Bundespolitik ist aufgefordert, die Forderungen der niedergelassenen Ärzteschaft umzusetzen – ansonsten droht der Praxenkollaps, und das nicht nur im Landkreis Sonneberg“, fasst Dr. Christian Franke zusammen.
Dass in unserer Region die ambulante Versorgung trotz der widrigen Rahmenbedingungen überhaupt auf dem bisherigen Niveau gehalten werden konnte, verdient laut Dr. Franke mehr öffentliche Beachtung. „Durch die enge Zusammenarbeit im bundesweit einzigartigen Verbund zwischen Kassenärztlicher Vereinigung, Landesärztekammer, Universität und Land ist es in den letzten Jahren gelungen, das Schlimmste zu verhindern. Wir konnten alleine im Landkreis Sonneberg in den zurückliegenden 20 Jahren durch vielfältige Initiativen viele Arztsitze von älteren Kolleginnen und Kollegen übernehmen und mit jüngeren den längerfristigen Fortbestand sicherstellen – darunter in den Bereichen hausärztliche Versorgung, Kinder-, Augen-, Hautärztliche und internistische Versorgung sowie Arbeitsmedizin. Wir haben so im Kreis mindestens 20 vor der Schließung stehende Praxen mit sehr hohem persönlichem, personellem und finanziellem Risiko gerettet. Viele Kolleginnen und Kollegen unserer Region haben sich nach Kräften stark engagiert und sind in das persönliche Risiko gegangen. Dies ist ohne großes Aufsehen geschehen. Nun braucht es endlich bessere Rahmenbedingungen für unsere hart arbeitenden Praxisteams durch die Politik, damit unsere Sicherstellungserfolge nicht verpuffen“, gibt Dr. Christian Franke zu bedenken.
Diese Forderungen werden durch Landrat Robert Sesselmann vollends unterstützt.