Kundenwünsche stehen dabei im Vordergrund

Bei der Gründung der Bioläden gab es unterschiedliche Beweggründe, die zunächst in eine Fülle von Ausrichtungen mündeten. Darunter lassen sich in den 1970ern drei Hauptmotive ausmachen, die auch in Mischformen auftreten: Die Waren sollen umweltfreundlich hergestellt werden, politischen Zielen dienen und/oder der spirituellen Entwicklung förderlich sein. 

Bioläden entstehen am Anfang der 1970er-Jahre zunächst in großen Städten. Als erster deutscher Bioladen gilt der 1971 in Berlin eröffnete Laden „Peace Food“, der von Ramon und Anchala Markus betrieben wurde und Mitte der 70er-Jahre von der Yoga-Organisation Ananda Marga übernommen wurde. Innerhalb des Jahrzehnts wuchs die Anzahl der Läden in den dreistelligen Bereich. Bereits 1975 gab es den ersten Großhändler, ab 1979 regionale Verteilergenossenschaften. In dieser Zeit verkauften Bioläden vor allem vegetarische Lebensmittel aus traditioneller Erzeugung, die von den Kunden oft selbst aus Säcken oder Kartons abgefüllt werden mussten. Hinzu kam ein Angebot von Waren, die mit einem alternativen Lebensstil verbunden werden: Kerzen, Räucherstäbchen, Henna, Umweltschutzpapier, Bücher und Broschüren. Ein Kernprodukt dieser Zeit war das selbst gemischte Müsli. Im Laufe der 1970er Jahre entwickelten sich die Bioläden zu kommunikativen Treffpunkten, die die Basisarbeit verschiedener politischer Gruppen und Bürgerinitiativen als Multiplikatoren unterstützten.

Müsli, Vollkornbrot und Tofu
Die Professionalisierung der Bioläden führte in den 1990er-Jahren endgültig zu einer Neupositionierung: Nur wenige Bioläden blieben dem Image der 1970er verpflichtet, die meisten verstanden sich als beratungsstarke Fachgeschäfte für ökologisch erzeugte Produkte. Ideologische Vorbehalte, etwa von Vegetariern, und gesundheitsorientierte Kaufmotive, etwa von Anhängern der Vollwertkost, wurden dieser Ausrichtung untergeordnet: Müsli, Vollkornbrot und Tofu gab es zwar weiterhin, doch sowohl Fleisch als auch Zucker gehörten mehr und mehr zum Angebot – allerdings grundsätzlich aus biologischer Erzeugung. Mit der EG-Verordnung zum ökologischen Landbau wurde 1991 ein weiteres Kontrollreglement eingeführt, das 1999 um Richtlinien für Tierprodukte erweitert wurde. Konventionelle Supermärkte versuchten sich mit mäßigem Erfolg als Konkurrenz zum Naturkost-Fachhandel, umgekehrt gab es ab etwa Mitte der 1990er erste Experimente mit reinen Bio-Supermärkten.

Zusammengestellte Gemüsekisten mit Rezepten
Ab den 2000er Jahren wurde das Produktangebot erweitert und stärker dem Kundenbedürfnis angepasst, sowie durch eine fachkundige Beratung weiter ergänzt. Zunehmend eröffnen Bio-Supermärkte und Bioläden mit Käse- und Fleischtheke und integriertem Öko-Bäckerei-Shop. Außerdem greifen viele Bioläden die Idee vom Lieferservice auf und bieten ihren Kunden bereits zusammengestellte Gemüsekisten inklusive Rezeptvorschlägen. Mit der Eröffnung des ersten Vierlinden-Naturmarktes in Düsseldorf wagte sich mit der Rewe-Gruppe der erste große deutsche Lebensmittelhändler in das Marktsegment. Bis 2011 wurden die Vierlinden-Märkte jedoch auf andere Rewe-Formate umgestellt. Rewe führte das Biomarkt-Konzept Temma ein, bei dem der Verkauf von Bio-Lebensmitteln mit Gastronomie verbunden ist. Ein neuer Trend ökologisch bewussten Einkaufens ist das Thema Verpackungsfreiheit. 2013 zeichnete das Bundeswirtschaftsministerium das Konzept eines Berliner Bioladens aus, der Verpackungsfreiheit anstreben will.