Interview mit dem künstlerischen Leiter Peter Wicklein
Eigentlich wollen alle um diese schöne Jahreszeit nicht an Termine im nasskalten Spätherbst denken. Und doch gibt es ein paar rührige Ehrenamtliche, die genau das tun, genauer gesagt: Sie bereiten sich mit großer Leidenschaft auf das für sie so wichtige Jahresevent vor. Die Rede ist vom Sonneberger Jazzfreunde e.V. und in diesem Zusammenhang natürlich von den Sonneberger Jazztagen. Deren Künstlerischer Leiter Peter Wicklein stellt sich an dieser Stelle unseren Fragen:
Peter Wicklein, die 34. Sonneberger Jazztage sollten im November 2020 stattfinden und mussten leider pandemiebedingt ausfallen. Wie hat das die Arbeit des Vereins beeinflusst und bleiben Sie als Künstlerischer Leiter dran am Thema Jazztage?
Peter Wicklein: Natürlich war es bitter für uns, das Festival abzusagen. Aber aus Verantwortung gegenüber unserem Publikum und den Künstlern blieb uns gar keine andere Wahl. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen hätten eine Durchführung der Jazztage nicht zugelassen. Trotzdem haben wir natürlich die Hände nicht in den Schoß gelegt und abgewartet. Es galt eine Menge administrative Arbeit zu bewältigen, insbesondere mussten die abgeschlossenen Verträge aktualisiert und angepasst werden. Wie immer konnte ich mich dabei auf die hervorragende Zusammenarbeit im Verein verlassen, wobei unsere Vereinsvorsitzende Ingrid Faber den Löwenanteil der Arbeit im Hintergrund leistete. Sofort nach der Absage des Festivals für 2020 beschäftigte ich mich mit der Programmstruktur der Sonneberger Jazztage im Jahr 2021. Eine andere Herangehensweise oder ein Aufgeben unserer künstlerischen Ziele standen nie zur Debatte. Die Kultur ist ein zartes und verletzliches Pflänzchen, das gehegt und gepflegt werden muss. Wie das Wasser der Urquell allen Lebens auf der Erde ist, bedarf künstlerische Tätigkeit des direkten Austauschs mit einem geistig und kulturell aufgeschlossenem Publikum. In der Musik und besonders im Jazz ist die Interaktion mit lebendigen Menschen vor Ort von immenser Bedeutung. Die dem Jazz innewohnende Spontanität und Kreativität ist ohne Live–Konzerte auf Dauer nicht denkbar. Ich kann alle unsere Anhänger beruhigen, die Sonneberger Jazzfreunde und ich als Künstlerischer Leiter bleiben nicht nur dran an unseren geliebten Jazztagen, sondern wir werden dieses weit über die Thüringer Landesgrenzen ausstrahlende Festival auch in der Zukunft unbedingt weiter durchführen. Welche pandemiebedingten Auflagen dann eventuell einzuhalten sind und mit welchem konkreten Hygienekonzept wir antreten werden, das kann ich verständlicherweise jetzt noch nicht beantworten. Wir bereiten uns auf verschiedene Szenarien vor und werden unser Publikum rechtzeitig über Homepage, Presse und soziale Medien in Kenntnis setzen. Ich bin optimistisch, dass die 35. Sonneberger Jazztage 2021 wieder zum festen Bestandteil des Kulturlebens in unserer Heimatstadt gehören werden.
Das klingt fast schon euphorisch, auf jeden Fall aber hoffnungsvoll. Auf was können wir uns bei den 35. Jazztagen freuen?
Peter Wicklein: Der überwiegende Teil des für den Jahrgang 2020 geplanten Programms konnte eins zu eins ins Jahr 2021 übertragen werden. Nicht gelungen ist uns das trotz zäher und langwieriger Verhandlungen mit dem Management von Ute Lemper für „Jazz in Concert“. Die weltbekannte Sängerin, Schauspielerin und Musicaldarstellerin wird nun 2022 als Topact auftreten. Das hat uns jedoch für das aktuelle Festival 2021 den Freiraum geschaffen, ein schon lange auf meiner persönlichen Wunschliste stehendes Großprojekt zu realisieren, welches Fans von klassischer Musik und Jazz gleichermaßen begeistern dürfte. Unter dem Titel “I GOT RHYTHM – The Music of George Gershwin” präsentieren „Thilo Wolf Jazz Quartett & Strings Orchestra“ am 06.11.2021 im Gesellschaftshaus ein musikalische Grenzen überschreitendes Konzert der Extraklasse. In diesem Crossover-Programm werden konzertante Fassungen beliebter Gershwin-Songs gespielt, die in neuen, aufregenden Arrangements von Thilo Wolf und seinen Arrangeur-Kollegen zu hören sind. Jazz Quartett und Strings – Orchester spielen sich dabei die Bälle zu. Vielen Besuchern der Sonneberger Jazztage ist der Pianist, Komponist, Arrangeur und Bandleader Thilo Wolf bestens bekannt, der zudem über glänzende Qualitäten als Entertainer verfügt. Mit der Big Band konnte wir ihn bereits zu den 30. Jazztagen mit Max Mutzke und Nils Wülker in einem wunderbaren Konzert erleben. Zuletzt brillierte er zum Auftaktkonzert 2018 mit seinem Thilo Wolf Jazz Quartett und der Jazzsängerin Johanna Iser. Als Special Guest für sein Gershwin – Abend hat sich Thilo Wolf den Jazzgitarrist und Sänger Torsten Goods eingeladen, der bereits von Jazzgrößen wie Wayne Shorter und Herbie Hancock entdeckt und gefördert wurde. Der weltberühmte George Benson war es dann, der Torsten Goods in New York zum Singen inspirierte. Ich bin mir sicher, das wird ein außergewöhnliches Highlight und nicht ohne Sogwirkung auf unser geschätztes Publikum bleiben.
Welche weiteren Programmpunkte sind zu empfehlen?
Peter Wicklein: Jazz ist wohl die vielfältigste und lebendigste Musik der Gegenwart, sie wird von nahezu allen musikalischen Strömungen des zeitgenössischen Schaffens inspiriert. Deshalb fällt es uns nicht schwer, ein interessantes und begeisterndes Programm zusammenzustellen. Dabei möchten wir verschiedene musikalische Ansprüche bedienen und unterschiedliche Veranstaltungsformen anbieten. Ich denke, das ist uns auch dieses Mal wieder gelungen. Besonders hoffnungsfroh stimmt mich die fruchtbare Zusammenarbeit mit der Musikschule des Landkreises Sonneberg. Die „Jazzband der Musikschule des Landkreises Sonneberg“ gestaltet die beiden Schulkonzerte am 08.11.2021 im Gesellschaftshaus. Junge Musiker aus unserer Region spielen für die Schüler der Gymnasien und können dabei den Angehörigen der Schülergeneration Gefühl und Verständnis für den Jazz vermitteln. Um Ihre Frage konkret zu beantworten: Natürlich gibt es im Rahmen der Jazztage noch weitere lohnenswerte Veranstaltungen, auf die ich hier kurz hinweisen möchte. So freue ich mich, dass es am 19.09.21 wieder ein Prologkonzert aus der Reihe „Jazz in der Villa“ geben soll. Im Mittelpunkt dieses Konzertes steht der modern jazz. Dazu begrüßen wir zwei internationale Künstlerinnen dieses Genres. Olivia Trummer (p) aus Deutschland und Hadar Noiberg (isr) aus Israel. Näheres dazu erfährt das Publikum noch aus Presse, Homepage und sozialen Medien. Auf großes Publikumsinteresse wird das „Opening“ im Gesellschaftshaus am 04.11.21 stoßen, zu dem die Gruppe „Conexion Cubano“ aus der Karibik erwartet wird. Alle Musikfreunde, die den von Ry Cooder entdeckten „Buena Vista Social Club“ kennen und den authentischen Son Cubano lieben, werden dabei voll auf ihre Kosten kommen. Zur „Friday-Night-Party“ am 05.11.21 ins Gesellschaftshaus kommt das hochexplosive Musikantenkollektiv „Funky Dumb Stuff“ aus Erfurt, dessen Mitglieder manchem Fan beispielsweise von „Feedback“, Angelika Weiz oder „Prima Klima“ her bekannt sein dürften. „Have a good time“ am 05.11.21 im Lindenhof Neustadt und „Saturday Morning“ am 06.11.21 in der Sparkasse Sonneberg bestreitet die italo-deutsche Party-Band „BRAZZO BRAZZONE“, deren humorvolle Show deftig mit Balkanjazz, Swing und Brass gewürzt ist. Top Act am Sonnabend, 06.11.21 um 20:00 Uhr im Gesellschaftshaus bei „Jazz in Concert“ sind „Thilo Wolf Jazz Quartett & Strings-Orchestra“ und Special Guest Torsten Goods mit ihrem Programm „I Got Rhythm – The Music of George Gershwin“. Wie vorhin bereits erwähnt, dürfte das ein absoluter Höhepunkt unseres Festivals werden. Mit dem „Afro Gospel Choir“ ist es uns wieder gelungen, eine international hochwertig besetzte Gospelgruppe zu engagieren, die am 07.11.21 das Publikum in der Kirche St. Aegidien in Oberlind verzaubern wird. Über die beiden Schulkonzerte am 08.11.21 habe ich schon gesprochen.
Habe ich da richtig gehört, die beim Publikum immer beliebter werdende Veranstaltung „Saturday Morning“ findet im Hauptgebäude der Sparkasse Sonneberg statt, nicht mehr im „City-Center“?
Peter Wicklein: Das gehört zu den Neuerungen der 35. Jazztage. Aus organisatorischen Gründen und wegen Umstrukturierung müssen wir leider das „City-Center“ als Location für Jazzkonzerte streichen. Ich möchte die Gelegenheit beim Schopfe fassen, um mich im Namen des Vereins bei den Verantwortlichen des „City-Centers“ für die jahrelange gute Zusammenarbeit zu bedanken. Hier gab es einige wirklich spektakuläre Veranstaltungen in den letzten Jahren. Um so mehr freue ich mich, dass sich unter Vermittlung unseres verehrten Bürgermeisters Dr. Heiko Voigt die Sparkasse Sonneberg bereit erklärt hat, diese Lücke bei den Veranstaltungsorten zu füllen. Ich bin überzeugt, dass wir unser Publikum für den „Saturday Morning“ mit in die neue Spielstätte nehmen können. Mit „BRAZZO BRAZZONE“ steht zur Premiere eine international erfolgreiche und musikalisch äußerst erfrischende Band in den Startlöchern. Selbstverständlich kann auch wieder ausführlich „gebruncht“ werden, an das leibliche Wohl unserer Gäste ist also gedacht.
Da kann man nur noch viel Erfolg für die 35. Sonneberger Jazztage im November wünschen.
Peter Wicklein: Herzlichen Dank. Wenn Corona es zulässt, werden die Jazztage mit Bestimmtheit ein weiterer Meilenstein im kulturellen Leben der Stadt Sonneberg. Wie immer hat der Erfolg viele Väter (und Mütter). Deshalb bedanke ich mich an dieser Stelle bei meinen Vereinsfreunden von Beirat und Vorstand für die tolle Vorbereitung, bei den vielen ehren- und hauptamtlichen Unterstützern für die gute Zusammenarbeit und bei den Sponsoren und Spendern für die materielle Hilfe. Bitte bleiben Sie uns gewogen, ohne Ihre Unterstützung würden die Jazztage in dieser Größenordnung und mit dieser überregionalen Strahlkraft nicht stattfinden können. Interview: Fred Ulbricht
Kartenvorbestellungen ab sofort möglich, Kartenversand erst ab 01.10.2021. www.son-jazz.de