Neue Forschungen zum Coburger Hofkapellmeister Melchior Franck
Der Coburger Hofkapellmeister Melchior Franck (um 1579–1639) war einer der produktivsten
deutschen Komponisten in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Seine geistlichen und weltlichen
Kompositionen zählen zu den spannenden Wiederentdeckungen des 20. Jahrhunderts. Der neue
Jahrbuch-Band der Coburger Landesstiftung verleiht der Franck-Forschung neue Impulse und bietet
einen breiten Einblick in Leben und Werk des Ausnahmetalents.
Als Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg seinen kleinen, aber erstaunlich glanzvollen Hof
aufbaute, profitierte nachhaltig auch die Musik: Im Winter 1602/1603 trat der junge Melchior Franck
das Amt des Coburger Hofkapellmeisters an, das für ihn zur Lebensstelle werden sollte. Als
Kapellmeister war Franck für die musikalische Gestaltung der Gottesdienste wie auch der weltlichen
Festanlässe am Hof zuständig. Parallel dazu schrieb er eine bemerkenswert große Zahl an
Gelegenheitskompositionen, mit denen er sein weit gefächertes Netzwerk Adeliger wie auch
wohlhabender Bürger pflegte.
Franck hinterließ weit über 1.400 Werke, die er großteils in Coburg oder Nürnberg hatte verlegen
lassen. Als Komponist und Lieddichter prägte er mit seinen geistlichen Motetten und seinen Liebes-,
Trink- und Geselligkeitsliedern wie den „Reuterliedlein“ maßgeblich die deutschsprachige Liedkultur.
Manche Musikstücke, die am Vorabend und während des Dreißigjährigen Kriegs entstanden, waren
dabei nach Francks eigenem Bekunden speziell „zur Fröligkeit componirt“ und „zur Abwendung
melancholischer Traurigkeit dienlich“. Zu seinen Lebzeiten weit bekannt, geriet Melchior Franck
später in Vergessenheit. Erst seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde er allmählich wiederentdeckt.
Dass Francks vielfältige Vokal- und Instrumentalwerke, seine Gesänge, Konzerte und Tänze heute
wieder zum überregionalen Standardrepertoire Alter Musik zählen, ist in besonderer Weise Knut
Gramß (1937–2022) zu verdanken, der in der Franck-Forschung Pionierarbeit leistete. Zusammen mit
dem 1964 von ihm gegründeten und über fünfzig Jahre aktiv geleiteten Coburger Ensemble
„Melchior-Franck-Kreis“ brachte Gramß die Musik des Coburger Hofkapellmeisters einem breiteren
Publikum nahe.
Eine umfassende Würdigung von Francks Schaffen steht indes noch aus. Der neue Jahrbuch-Band will
Ansätze zu einer solchen Gesamtbetrachtung bieten. Er vereint namhafte Fachleute
unterschiedlicher Disziplinen, die Francks Werk aus geschichtswissenschaftlicher, musikalischer und
musikgeschichtlicher sowie philologischer und frömmigkeitsgeschichtlicher Perspektive untersuchen.
Einleitende Betrachtungen widmen sich der frühneuzeitlichen Entwicklung der mitteldeutschen
Hofkapellen, den spezifischen Interessen von Francks Dienstherrn Herzog Johann Casimir und der in
Teilen noch ungeklärten Biographie Melchior Francks. Im Zentrum der Beiträge stehen Francks Werk
und musikalische Entwicklung, dabei speziell auch seine zahlreichen Gelegenheitskompositionen.
Beleuchtet werden zudem Francks Wiederentdeckung seit dem späten 19. Jahrhundert sowie die
Herausforderungen historischer Aufführungspraxis.
Weitere Jahrbuch-Beiträge lenken den Blick ebenfalls auf den Coburger Hof. Sie widmen sich dem
eindrucksvollen, vor allem auf Johann Casimir zurückgehenden Bestand an Harnischen in den
Kunstsammlungen der Veste Coburg sowie der gemeinschaftlichen Herrschaftsrepräsentation und
Eintrachts-Inszenierung der Fürstenbrüder Johann Casimir und Johann Ernst. Der reich bebilderte
Band ist im Michael Imhof Verlag erschienen und für 45,00 € erhältlich.
Einblicke in Leben und Werk Francks gibt die nächste STUDIO-Ausstellung auf der Veste Coburg vom 23. Februar bis 6. Oktober 2024. In Kooperation mit dem Melchior-Franck-Kreis werden dort unter
anderem historische Musikinstrumente zu sehen und zu hören sein.