Wie schafft es die eigene Produktidee auf den Markt? Was kann ich tun, um als regionaler Unternehmer mit den internationalen Konkurrenten Schritt zu halten? Und wie finde ich einen geeigneten Nachfolger für mein Unternehmen? Seit einem Jahr gibt es mit dem „Campus Innovations Kultur“, kurz CIK, im Kronacher Land dafür den idealen Ansprechpartner. Das Gründerzentrum hilft, die regionale Wirtschaft zu stärken: Bei den Schülerseminaren lernen die potentiellen Unternehmer von morgen, wie sie ein Unternehmen erfolgreich führen, Arbeitnehmer mit einer Geschäftsidee erfahren, wie sie sich mit dieser Idee selbstständig machen können und bereits bestehende Unternehmen bekommen bei aktuellen Fragen und Hürden umfassende Hilfestellung. Dr. Thomas Kneitz, Geschäftsführer des CIK, verrät uns im Interview, was die CIK im vergangenen Jahr erreichen konnte, wie die Unternehmen aktuelle Probleme bewältigen können und welche Erfahrungen er in der Zusammenarbeit mit den Schülern sammeln durfte.
Herr Dr. Kneitz, Anfang 2018 konnte der „Campus Innovations Kultur“ nach langer Vorbereitungsphase endlich seine Arbeit aufnehmen. Wie hat das Gründerzentrum seit dem Start entwickelt?
Dr. Thomas Kneitz: Von Anfang an war unser Ziel, dass wir unsere Wirtschaftsregion dadurch voranbringen, dass wir die Firmen an der Basis stärken und Gründer mit ihren innovativen Geschäftsideen voranbringen. Ich persönlich finde, dass wir im letzten Jahr in dieser Hinsicht eine gute Leistung erbracht haben: Wir haben es in unseren Projekten geschafft, Lösungen für Unternehmer aus unserer Region zu finden, unsere Schülerseminare haben in allen Schulformen tolle Ergebnisse erzielt und wir haben insgesamt 32 Neugründungen begleiten dürfen.
Haben Sie diesen Erfolg zu Beginn erwartet?
Dr. Thomas Kneitz: Wir mussten hier in Kronach einen ganz anderen Ansatz als alle anderen Gründerzentren in ganz Bayern wählen. Normalerweise sind es Studenten, die sich nach ihrem Studium mit ihrer Idee selbstständig machen wollen – die fehlen aber in Kronach. Deshalb sind es vielmehr die Arbeitnehmer, die mit ihrer Idee aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis einen Unternehmen gründen möchten. Darüber hinaus sind wir das einzige Gründerzentrum, das auch bereits bestehenden Unternehmen Hilfeleistung bieten. Das stellte uns vor Hürden, die wir erstmal meistern mussten – dass uns das am Ende so gut gelingt, hätte ich nicht gedacht.
Was beschäftigt die Unternehmen der Region momentan?
Dr. Thomas Kneitz: Im Augenblick gibt es drei große Problemfelder. Zum einen ist da die Digitalisierung, die vielen Firmen Schwierigkeiten bereitet. Außerdem steht gerade in mittelständischen Unternehmen oftmals die Frage im Raum, wer die unternehmerische Nachfolge antritt – wenn das nicht geklärt wird und das Unternehmen womöglich sogar schließen muss, kann das gerade für die Nahversorgung im ländlichen Raum extrem gefährlich werden. Zuletzt ist durch die Digitalisierung und Globalisierung eine ganz neue Marktsituation entstanden, denn nun besteht die Gefahr, dass regionale Unternehmen von den großen Firmen aus dem Ausland verdrängt werden könnten.
Wie können regionale Firmen diese Probleme bewältigen?
Dr. Thomas Kneitz: Viele Unternehmer erschrecken, wenn sie mit solchen Problemen konfrontiert werden und verkrampfen sofort – genau das ist für eine Firma aber tödlich. Die aktuellen Herausforderungen können nur dann bewältigt werden, wenn der Unternehmer bereit ist, aktiv zu werden und sie anzupacken.
Was sind denn die Stärken unserer regionalen Firmen?
Dr. Thomas Kneitz: Unsere Region zeichnet sich vor allen Dingen durch die mittelständische Struktur aus. Und der deutsche Mittelstand hat den großen Unternehmen einiges voraus. Einerseits, weil die mittelständischen Unternehmen in ihrer eigenen Nische agieren und dort besonders stark auftreten können, und zum anderen, weil sie im Gegensatz zu vielen großen Konzernen ganz ohne Skandale auskommen.
Warum lohnt es sich, sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus selbstständig zu machen?
Dr. Thomas Kneitz: Der Mensch tüftelt und bastelt – das liegt in seiner Natur. Möglicherweise fällt dem ein oder anderen Arbeitnehmer in seinem Arbeitsalltag auf, dass bestimmte Prozesse umständlich sind und vereinfacht werden müssen. Mit der Fachkompetenz, die er sich in seiner langjährigen Tätigkeit sammeln konnte, entwickeln sich für diese Probleme Lösungsansätze. Dadurch kann er Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die besser sind als das, was bisher auf dem Markt angeboten wird. Und das lohnt sich auf jeden Fall.
Was muss man als Gründer mitbringen, um mit seinem neuen Produkt erfolgreich zu sein?
Dr. Thomas Kneitz: Natürlich braucht es erst einmal eine gute Idee. Sie ist die Triebfeder jeder Neugründung. Natürlich will jeder Gründer seine Idee dann auch erfolgreich auf dem Markt sehen. Wir können ihm bei der Marktplatzierung helfen, aber der Gründer muss dann auch genügend Kondition mitbringen. Die schwierigste Phase liegt vor der Markteinführung vor dem Gründer, denn zu seiner Idee braucht er ein ausgeklügeltes Konzept. Mit dem ersten Kunden kommt dann der Realitätstest und das Konzept muss womöglich noch angepasst werden. Es warten immer neue Herausforderungen auf den Gründer, er kann sich im ersten Jahr nach der Gründung nicht genauso verhalten wie in seinem fünften Jahr.
Zur Arbeit des CIK gehören auch die Schülerseminare in allen Schulformen. Welche Begegnungen haben Sie beeindruckt?
Dr. Thomas Kneitz: Im vergangenen Jahr haben wir gemeinsam mit den Schülern fünf Start-Ups entwickeln können, das ist eine sensationell gute Leistung! Natürlich gab es auch Schülergruppen, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind: Da war zum Beispiel eine Gruppe aus der Mittelschule Windheim, die mit unheimlich großer Begeisterung bei den Schülerseminaren dabei war. Danach haben sie darauf bestanden, bei uns noch das Fallstudienseminar zu absolvieren –das hat aber in etwa das Niveau eines Masterstudiengangs. Ende diesen Jahres werden sie das Seminar mit sehr guten Ergebnissen abschließen. Das hätte ihnen vorher niemand zugetraut, aber da wir ihnen die Chance gegeben haben, konnten sie ihr Potential voll und ganz entfalten. Bemerkenswert war auch eine Gruppe aus dem Caspar-Zeuß-Gymnasium: In einem Seminar haben wir gemeinsam zwei Stunden Zeit genommen, um genau zu betrachten, wie sich die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump auf die amerikanische Wirtschaft auswirken wird. Fünf Monate später erschien im Handelsblatt ebenfalls eine Prognose– und die fiel nur knapp drei Prozent höher aus als das, was wir im Seminar errechnet haben. Das muss man sich mal vorstellen: Diese knapp 17jährigen haben in zwei Stunden nahezu dasselbe Ergebnis erzielt wie Wirtschaftsexperten mit langjähriger Erfahrung!
Welches Feedback haben Sie nach den ersten Schülerseminaren im vergangenen Jahr erhalten?
Dr. Thomas Kneitz: Die Reaktionen waren durchweg positiv. Die Schulen haben berichtet, dass dieses intensive Jahr eine tolle Wirkung auf die Schüler hatte. Sie haben sich weiterentwickelt und sind mutiger geworden. Gleichzeitig haben uns auch die Eltern berichtet, dass sie vom Projekt begeistert sind. Ihnen hat vor allen Dingen die räumliche Flexibilität gefallen – denn dadurch, dass der Landkreis Kronach sich sehr weit in alle Richtungen ausdehnt, hätten einige Schüler sonst nicht die Chance gehabt, an den Seminaren teilzunehmen. Egal, aus welchem Ort die Schüler stammten: Wir haben möglich gemacht, dass sie alle teilnehmen können. So wurde niemand ausgegrenzt oder benachteiligt und das kam besonders gut an.
Was hält die Zukunft für den Campus Innovations Kultur bereit?
Dr. Thomas Kneitz: Wir möchten unsere Gründerbegleitung auf jeden Fall ausbauen. Unser Ziel ist es, für jeden Gründer der erste Ansprechpartner zu sein. Unsere Schülerseminare sind bereits auf dem besten Weg, eine regionale Instanz zu werden – schließlich bekommen wir schon jetzt
auch Anfragen aus den Coburger Gymnasien. Den bestehenden Firmen möchten wir, gerade wenn es um die Nachfolgeregelung geht, die passenden Lösungen liefern.
Das Interview führte unsere Redakteurin Daniela Pondelicek