Mit der Kraft der Poesie erweckten über 20 Schülerinnen und Schüler der Berufsfachschule für Krankenpflege in Kronach einen toten Baum vor der Helios-Frankenwaldklinik zu neuem Leben. Die kleinen poetischen Kostbarkeiten entstanden in Cesaros Literaturwerkstatt.

Unendlich wichtig / bringt jedem Freude und Glück / die Nächstenliebe; Das Herz des Menschen / sei es gut oder böse / Einzigartigkeit; Eine Schwester ist / eine Freundin fürs Leben / sie ist immer da – Solche und weitere poetische Gedankenwelten flattern nun vor dem Krankenhaus im Wind. Auf grünem Papier – als Blattersatz – einlaminiert, wirken die Zeilen besonders plastisch und lebendig.

Bei den „poetischen Kostbarkeiten“ handelt sich um Senryu – eine Art deutsche Form des traditionellen dreizeiligen japanischen Kurzgedichts Haiku, das pro Zeile 5, 7, 5 – insgesamt 17 Silben – aufweist. Die Zeilen voller Wärme und Anteilnahme stammen von angehenden Gesundheits- und Krankheitspflegern, die sie – unter Anleitung von Ingo Cesaro – in einem zweitägigen Literatur-Workshop an der Berufsfachschule für Krankenpflege in Kronach gedichtet haben. Der Kulturvermittler hatte auch heuer wieder junge Menschen dazu bewegt, Gedanken zu ihrem Berufsalltag oder im privaten Bereich, Wünsche und Hoffnungen sowie Sorgen und Ängste niederzuschreiben. Die sehr persönlichen Texte spiegeln dann auch Hoffnungen und Wünsche sowie Sorgen und Ängste der Schüler und Schülerinnen wider – so beispielsweise Sonnenuntergang / Die Nacht steht uns kurz bevor / das Licht verschwindet; Das Leben leben / ein ständiges Auf und Ab / lachen und weinen; Körper ausgelaugt / Kopf so ein Durcheinander / das ist unser Job. Es entstanden aber auch fröhliche, lustige Texte im privaten Bereich, zu Themen wie das Wetter und die Natur oder auch in Liebesdingen – wie Ein Schmetterling fliegt / die Kirschblüte zartrosa / Traum deines Kusses oder – was Cesaro besonders gut gefällt – Ich liebe Schoko / am liebsten auf Kuchen / ich liebe es. Die dabei entstandenen 120 Gedichte wurden von den Schülern traditionell an einem toten Baum befestigt, um ihn damit zu neuem Leben zu erwecken. Heuer wurden noch mehr Blätter – 200 an der Zahl – befestigt, sodass dieser noch „lebendiger“ wirkt. Gerade die Bewegung der hängenden Gedichte und deren Reflexion in der strahlenden Sonne sorgen dafür, dass der Baum sofort wahrgenommen wird und neugierig macht.

Schüler der Berufsfachschule für Krankenpflege bestückten einen Poesiebaum im Eingangsbereich der Frankenwaldklinik mit neuem Leben.
(linke Seite, hinten von links) Klassenleiterin Maren Haslach-Höfner, Initiator Ingo Cesaro, Krankenpflegeschule-Leiter Mathias Lau und Klinik-Pressesprecher Dr. Stephan Zeidler.

Das „Kreative Schreiben“ stand auch in diesem Jahr unter dem Motto „Mit Literatur über den Berg“. Wie Cesaro – einer der bekanntesten Haiku-Publizisten im deutschsprachigen Raum – betonte, solle der „Poesiebaum“ die Besucher vor und nach dem Krankenhausbesuch durch Poesie „heiterer, lockerer und beschwingter“ werden lassen. Gleichzeitig soll der „neu erblühte“ Baum Ruhe, Kraft und Hoffnung schenken – gerade an einem solchen Ort. Die nachhaltige Literaturwerkstatt hatte für den 54. Kurs – unter Klassenleitung von Maren Haslach-Höfner – Ende März an der Berufsfachschule für Krankenpflege stattgefunden. Laut Cesaro genossen es die jungen Leute, beim Schreiben locker und in aller Gelassenheit, ohne Zeit- und Notendruck ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Besonders wichtig ist dem Schriftsteller dabei, die Ergebnisse nach außen zu tragen, damit sie sich dort „bewährten“. Normalerweise sei es in der Schule ja so, dass eine Arbeit benotet werde und dann später im Papierkorb lande. Bei seinem Literaturprojekt sei es umgekehrt: Es gibt keine Note und das Ergebnis wird einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

Wie die angehenden Gesundheits- und Krankheitspfleger einräumten, seien sie im Vorfeld der Aktion reichlich skeptisch gewesen, was sie erwarte. Aber wenn man sich erst einmal in diese besondere Gedichtform hineingefunden habe, gehe es immer besser. Mit den Ergebnissen sind sie durchaus zufrieden. Begeistert von deren Kreativität zeigte sich Cesaro selbst wie auch die Klassenleiterin Maren Haslach-Höfner. „Ihr könnt wirklich stolz auf eure kreativen Texte sein“, würdigte der Kulturvermittler, während sich Haslach-Höfner gerne an ihre eigene Teilnahme an der Literaturwerkstatt vor rund 15 Jahren erinnerte. Pressesprecher Dr. Stephan Zeidler übermittelte den Dank des an diesem Tag verhinderten Klinikgeschäftsführers Dr. Christian Kloeters, der sich sehr über die Fortführung dieser außergewöhnlichen Aktion freute – ebenso wie Matthias Lau, Leiter der Berufsfachschule. Bis in den späten Herbst hinein können sich Besucher und Patienten nunmehr an der Poesie erfreuen. Die Gedichte werden auch heuer wieder in der Galerie Einblicke im Landratsamt zu sehen sein. Beginn der Ausstellung ist am Montag, den 3. Juli. hs