46 Jahre im Schuldienst – Drei Generationen unterrichtet – Wehmut beim Abschied

Nicht nur die vierten Klassen werden in der kommenden Woche aus der Grundschule in Oberlind entlassen.

Auch Ursula Bosecker, die langjährige Schulleiterin wird feierlich im Kollegenkreis in den Ruhestand verabschiedet. Nach mehr als 46 Jahren im Schuldienst geht die 65-Jährige aber eher in einen Unruhestand, wie sie betont. 46 Jahre Schuldienst bei einem Lebensalter von 65 Jahren, das lässt auf einen frühen „Karrierestart“ schließen. „Als ich nach meiner Ausbildung zur Grundschullehrerin in Meiningen meine erste Stelle in Neuhaus-Schierschnitz antrat, war ich gerade mal 20 Jahre alt“, schmunzelt Ursula Bosecker. „Da stand ich im Minirock vor den 14 und 15 Jahren alten Schülern, war kaum von ihnen zu unterscheiden – aber man hat mich von Seiten der Schüler akzeptiert und respektiert“, zeigt die Schulleiterin ihre Anfänge auf und steht noch heute zu ihrer Berufswahl. Sie wollte immer Lehrerin werden, schon als Kind und heute, wo sie vor ihrem letzten Schultag steht, ist für sie diese frühe Entscheidung genau die richtige gewesen. Lehrer zu sein ist sicher keine leichte Aufgabe. Erziehung und Bildung vollziehen sich in einem kontinuierlichen Prozess innerhalb des Dreiecks Familie, Gesellschaft und Schule. Lehrer und Lehrerin befinden sich in der Mitte dieses Dreiecks. Ihnen kommt also eine sehr entscheidende Rolle zu. Pädagogen begleiten eine wichtige Position in der Gesellschaft. Ein Lehrer muss Brücken bauen zwischen Schülern und der Gesellschaft, also der Welt, die die jungen Menschen „draußen“ erwartet. Lehrer sein ist keineswegs ein „Halbtagsjob“, sondern eine sehr komplexe Aufgabe. Der Lehrerberuf gehört unbestritten zu den „Hochleistungsberufen“. Unterrichten ist viel Beziehungsarbeit, in der sich die Kinder ernst genommen fühlen müssen. Denn Lehrern wird das Höchste anvertraut, was wir haben – unsere Kinder. Und dieser Aufgabe ist Ursula Bosecker sich in ihren 46 Berufsjahren sehr bewusst gewesen. Sie hat diese Aufgabe mit viel Hingabe und Liebe erfüllt. „Es wird mir schon schwermütig ums Herz, wenn ich da­rüber nachdenke, dass ich in wenigen Tagen meinen ‚Job‘ aufgeben muss“, so die beliebte Schulleiterin. Beliebt bei „ihren“ Kindern, bei den Eltern, und auch bei ihrem Kollegium.

Wenn sie von „meiner Schule“ spricht, dann ist das ein Stück weit ihr Leben. Denn Ursula Bosecker ist ein Oberlinder Kind. Hier geboren und aufgewachsen und natürlich auch hier zur Schule gegangen. Nach dem Berufsstart in Neuhaus-Schierschnitz kam Ursula Bosecker 1979 an die Oberlinder Schule. Die politische Wende brachte auch einen „Neustart“ in den neuen Bundesländern mit sich. Eines Tages kam ihr Vorgesetzter auf sie zu und „bestimmte“, dass sie eine Bewerbung zur Schulleiterin abgeben solle. Gesagt – getan: „Obwohl mir nicht im Traum eingefallen wäre, mich um diesen Posten zu bewerben“, lacht die sympathische Pädagogin. So begann sie im Jahr 1991 ihren Schulleiterdienst. In diese Zeit fiel auch die über zweijährige Sanierung des Schulgebäudes, das eines der ältesten Gebäude in Oberlind ist. Seit 2004 besuchen auch die Schüler aus Köppelsdorf die Schule in Oberlind. Derzeit werden hier in acht Klassen 170 Mädchen und Jungen „auf den Ernst des Lebens vorbereitet“. Ursula Bosecker ist stolz darauf sagen zu können, dass „wir hier einen soliden, aber modernen Unterricht anbieten. Wir, und da bin ich mir mit meinem Kollegium einig, legen Wert auf Disziplin, Höflichkeit und gutes Benehmen.“ Das zeichnet auch die Schülerinnen und Schüler aus. „Schon oft durfte ich hören, dass unsere Schüler mit ihrem disziplinierten Verhalten positiv in weiterführenden Schulen auffallen“, so die Schulleiterin mit Stolz.

Neben ihren organisatorischen Aufgaben als Schulleiterin unterrichtet Ursula Bosecker aber auch weiterhin. „Seit 22 Jahren aber nur noch Mathematik“, so die Schulleiterin, „sonst würde ich ja den ganzen Bürokram nicht schaffen“. Dankbar ist sie, dass sie eine so engagierte Schulsekretärin an ihrer Seite hat. „Diana Wiedemann nimmt mir sehr viel Arbeit ab. Sie ist nicht mit Gold aufzuwiegen“, erkennt Bosecker das Engagement ihrer Vorzimmerdame an.

Ursula Bosecker kann nun schon auf die dritte Generation Schüler in ihrer beruflichen Tätigkeit zurückblicken. Meine ersten Schüler sind jetzt schon im Alter, wo ihre Enkel eingeschult werden. Derzeit ist es für sie nicht leicht, durch die Schule zu laufen. „Überall stehen Grüppchen zusammen und tuscheln, wenn ich in die Nähe komme, verstummen sie urplötzlich“, lacht sie, wohlwissend, dass ihre Mitstreiter die Abschiedsfeier vorbereiten, die am 12. Juli, dem letzten Schultag vor den großen Ferien, stattfinden wird. Ruhig auf der Couch zu Haus will sie nicht sitzen bleiben. Ursula Bosecker will sich als Jugendschöffin und im Weißen Ring engagieren, so ihr weiterer Lebensplan.

Übrigens: Das Kultusministerium in Erfurt hat noch keinen Nachfolger für Ursula Bosecker benannt. Die Stelle ist somit ab dem Sommer vakant und wird erst einmal von der Stellvertreterin Marika Schindhelm begleitet. che