Frau Rechtsanwältin Kenn von der „Kanzlei Wittmann Rechtsanwälte“ informiert

Jetzt ist der Winter da, die Temperaturen gehen in den Minusbereich und wir rechnen jeden Tag mit Schnee und Eis. Im Winter kommen viele Baustellen ins Stocken. Dabei sind natürlich nicht nur Großbaustellen betroffen, sondern auch viele kleinere private Vorhaben, die vielleicht erst zu spät im Herbst begonnen oder aus anderen Gründen in die kalte Jahreszeit verschoben wurden.

„Schlechtwetter“ heißt es dann von den Baufirmen. An dieser Stelle beginnt die Unsicherheit. Was sind eigentlich „Schlechtwettertage“ oder was ist „Normalwetter“? Verlängert sich die Bauzeit? Entstehen zusätzliche Kosten? Der Auftragnehmer hat normale Witterungsverhältnisse mit denen während der Bauausführung bei Abgabe des Angebotes normalerweise gerechnet werden muss einzukalkulieren. Diese führen dann nicht zu einer Verlängerung der Bauzeit und auch nicht zu einem zusätzlichen Vergütungsanspruch. Außergewöhnliche Witterungsverhältnisse gewähren dagegen durchaus einen Anspruch auf Bauzeitverlängerung. Die Abgrenzung ist aber höchst umstritten und im Einzelfall problematisch. Es existiert eine Vielzahl von einschlägigen Urteilen zu dem Thema. Da es keine exakten Definitionen gibt, ist eine klare Regelung im Bauvertrag dringend zu empfehlen.Hierbei kommt es darauf an, welche konkreten Arbeiten ausgeführt werden müssen. Geht es um Dacheindeckungsarbeiten ist sinnvollerweise eine Schlechtwetterregelung für Dauerregen zu treffen, für Kranarbeiten wird dagegen eher die Windstärke von Bedeutung sein. Eine pauschale und für jeden Einzelfall nutzbare Regelung gibt es sicherlich nicht. Die Hersteller erstellen zu ihren Bauprodukten sogenannte Verarbeitungsrichtlinien. In diesen Gebrauchsanweisungen gibt es unter anderem klare Regeln zur Temperatur, bei der die Baustoffe verarbeitet werden dürfen. Ganz grob kann man davon ausgehen, dass Betonarbeiten nicht unter -5 °C ausgeführt werden können, Beschichtungsarbeiten sogar nur bei mindestens +5 °C. Die Baufirma hat die so genannten Verarbeitungsrichtlinien strikt zu beachten, will sie das Entstehen von Mängeln vermeiden. Dem Bauherrn ist ebenso dringend anzuraten, die Firmen nicht zur Eile und zur Fortsetzung von Arbeiten zu drängen, wenn das Material bestimmte Witterungsverhältnisse voraussetzt und diese nicht garantiert sind. Zum anderen sollten Bauherren misstrauisch werden, wenn eine Firma ohne Rücksicht auf die Außentemperaturen putzt, abdichtet und streicht. Weiter stellt sich die Frage, was passiert, wenn witterungsbedingt die Arbeiten eingestellt werden müssen. Wer ist dann in der Verantwortung, die Baustelle, die Materialien, eventuell den Rohbau vor Frost und Nässe zu schützen. Hier ist grundsätzlich die Baufirma in der Pflicht. Bis zur Bauabnahme eines Hauses durch den Bauherrn muss die Baufirma das Gebäude sowie alle damit verbundenen Leistungen und Materialien vor Winterschäden schützen. Art und Umfang der erforderlichen Schutzmaßnahmen richten sich dabei nach den Gegebenheiten im Einzelfall und auch nach der Zumutbarkeit für den Bauunternehmer. Auch hier entsteht häufig Streitpotenzial, welches durch eine klare vertragliche Regelung vermieden werden kann. Insgesamt sollte gerade bei Bauvorhaben, die noch vor dem Winter beginnen, an Regelungen zu Witterungseinflüssen gedacht werden. Kommt es dann einmal zur Einstellung der Arbeiten wegen schlechten Wetters, sollten die Parteien frühzeitig über notwendige Maßnahmen und Kosten reden.

 Rechtsanwältin Katrin Kenn ist seit 2003 in der „Kanzlei Wittmann Rechtsanwälte“ tätig. 
Sie ist Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht.